Donnerstag, 12. Februar 2015

Auch Krokodile spielen.


aus scinexx    

Auch Krokodile lieben Spaß
Ausgeprägtes Spielen und Sozialverhalten sind bei Krokodilen häufiger als gedacht

Von wegen Krokodilstränen: Krokodile haben einen ausgeprägten Sinn für Spaß und Spiel. Die Reptilien surfen, spielen Ball und tragen sich gegenseitig herum. Sogar mit Menschen freunden sich die Tiere in seltenen Fällen an, berichten Forscher im Magazin "Animal Behavior and Cognition". Auch und gerade in Gefangenschaft sollte diesem Spieltrieb daher mehr Rechnung getragen werden.

Ein Krokodil liegt entweder träge herum, oder es attackiert gnadenlos und oft aus dem Hinterhalt – so erscheinen diese Reptilien meist in unserer Vorstellung. In vielen Geschichten und auch älteren Dokumentation haben sie den Ruf, vor allem kaltherzige und blutrünstige Killer zu sein. Allerdings sorgen Krokodile auch für Überraschungen, etwa wenn sie auf Bäume klettern. Ausgeprägtes soziales Zusammenleben oder gar spielerisches Benehmen der furchteinflößenden Reptilien war bislang jedoch praktisch unbekannt.

Nicht nur Schlafen und Fressen

Vladimir Dinets von der University of Tennessee in Knoxville zeigt ein anderes Bild der Tiere, die vermeintlich nur ans Schlafen oder Fressen denken. Er hat über ein Jahrzehnt Krokodile verschiedener Arten beobachtet. Außerdem sammelte er Beobachtungen von zahlreichen anderen Zoologen und Verhaltensforschern.

Darin zeigt sich, dass Krokodile ein ausgesprochen vielseitiges Spielverhalten an den Tag legen: Sie spielen mit Bällen, rutschen zum Spaß Flussböschungen hinunter, surfen in der Brandung oder lassen sich huckepack tragen. Sie zeigen alle drei Kategorien von Spiel, die von Verhaltensforschern unterschieden werden: Spielen mit Gegenständen, reines Bewegungsspiel und soziales Spiel.

Ein Westafrikanisches Zwergkrokodil spielt mit einer pinkfarbenen Bougainvillea-Blüte in der Madras Crocodile Bank in Indien.

Mit dem Essen spielt man gern

Mit Gegenständen spielen Krokodile am häufigsten. Sie schubsen zum Beispiel alle möglichen im Wasser treibenden Objekte herum, von Bällen und Holzstücken bis zu pinkfarbenen Blumen, für die manche Arten eine besondere Vorliebe zu haben scheinen. In einem Bericht, den Dinets erhielt, schlugen zwei Alligatoren ein paar Keramikteile mit dem Schwanz in einem gefliesten Badezimmer herum – offenbar bloß, weil sie so schön laut schepperten.

Der Grundsatz "Mit dem Essen spielt man nicht" scheint bei Krokodilen weniger zu gelten: Mehrere Wissenschaftler beobachteten, wie Krokodile die Kadaver von Beutetieren herumwirbelten und in die Luft schleuderten. Das ähnelt zwar sehr dem Jagdverhalten der Tiere – aber in vielen Fällen fraßen die Krokodile kein Stück der Beute, sondern hatten offenbar lediglich ihren Spaß damit.

Lebenslange Spielgefährten

Soziales Spiel kommt besonders bei Jungtieren vor. Junge Kaimane zeigen zum Beispiel spielerisches Balzverhalten, und kleine Alligatoren lassen sich von älteren Freunden huckepack tragen. Dies geschieht allerdings auch unter ausgewachsenen Tieren, wenn ein Männchen seine Lebensgefährtin zwar nicht auf Händen, dafür aber auf dem Rücken trägt.


Ein frisch geschlüpfter Amerikanischer Alligator reitet auf dem Rücken eines älteren Artgenossen.

Interessanterweise – und für viele überraschend – spielen Krokodile jedoch nicht nur mit Artgenossen. Dinets selbst beobachtete einen "Alligatorteenager", der mit einem Flussotter herumtollte. Auch sind den Forschern einige seltene Fälle von tiefen Freundschaften zwischen Krokodilen und Menschen bekannt. Ein angeschossenes Krokodil etwa freundete sich mit seinem Retter an und ging danach 20 Jahre lang regelmäßig mit ihm schwimmen. Dabei hatte es ganz offensichtlich Freude daran, seinen menschlichen Freund gelegentlich zu erschrecken, oder sich von ihm im Wasser herumdrehen und auf die Schnauze küssen zu lassen.

Glücklicher und Gesünder

Die von Dinets gesammelten Beobachtungen erweitern nicht nur unser Wissen über Krokodile. Sie liefern außerdem weitere Hinweise darauf, dass das Spielen ein gemeinsames Verhalten aller höheren Tiere ist. Spielen gilt unter Verhaltensforschern als "Probe für den Ernstfall", aber auch als geistiges und körperliches Training. Ein Vergleich zwischen spielenden Tieren und solchen, die dazu nicht in der Lage sind, könnte also Einblicke in die Entwicklung der Intelligenz bieten.

Aber nicht nur für die Verhaltensforschung, auch für viele Krokodile könnten die Forschungsergebnisse erfreuliche Auswirkungen haben: "Hunderttausende von Krokodilen leben in Gefangenschaft in Zoos, Krokodilfarmen und Aufzuchtstationen für gefährdete Arten", sagt Dinets. "Ihnen Spielzeuge und andere Spielgelegenheiten zu geben, macht sie glücklicher und gesünder." (Animal Behavior and Cognition, 2015;doi: 10.12966/abc.02.04.2015)
(University of Tennessee at Knoxville, 11.02.2015 - AKR)


Nota. - Am Stammbaum des Menschen gemessen, stehen die Echsen ganz unten. Aber auch ihnen scheinen Stoffwechsel und Fortpflanzung als Sinn  des Lebens nicht zu reichen. Spätestens wenn die Stoffe gewech- selt und das Fortpflanzungsgeschäft besorgt ist, suchen sich ihre Gehirne eine andere Beschäftigung, und die finden sie in lauter Dingen, die für Selbst- und Arterhaltung gar keinen Nutzen haben. Der eine Forscher sagt, sie tun das, um sich fit zu halten; wer (zu lange) rastet, der rostet. Der andere Forscher sagt, sie tun diese Dinge um ihrer selbst willen. Wie dem auch sei - haben mehr Möglichkeiten, als die schiere Natur ihnen abverlangt. 

Und je höher nun die Tierarten sich entwickeln, umso wahrscheinlicher wird es, dass eine von ihnen eines Tages ernstlich beginnt, was daraus zu machen. Die Bonobos treiben bloß zwecklosen Sex, die Hominiden gingen schon etwas weiter. JE

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