Freitag, 30. Januar 2015

Phoenix aus der Lava.

aus scinexx

Entstehung des Lebens in heißem Gestein?
Poren in Vulkangestein können als Reaktionsräume für erste Biomoleküle dienen

Vulkanischer Anfang: Das Leben auf der Erde könnte in winzigen Gesteinsporen an Meeresvulkanen begonnen haben. Denn die starken Temperaturunterschiede innerhalb dieser Poren fördern die Entstehung und Vervielfältigung von komplexen Biomolekülen, wie deutsche Wissenschaftler herausgefunden haben. Der verantwortliche Effekt lässt sich überraschend einfach im Labor nachstellen – die Vulkane der jungen Erde hätten aber noch besser funktioniert, schreiben die Forscher im Magazin "Nature Chemistry".

Wie und wo die ersten Lebensformen vor über dreieinhalb Milliarden Jahren auf der frühen Erde entstanden, ist unklar. Eine entscheidende Voraussetzung für die Entstehung von Leben ist aber, dass sich kleine organische Moleküle zu komplexen Strukturen zusammenschließen, die genetische Informationen speichern und sich selbst reproduzieren können.

Dazu ist jedoch eine ausreichende Konzentration solcher Moleküle nötig – und in der "Ursuppe" der frühzeitlichen Ozeane kamen sie wohl nur vereinzelt vor. Deshalb gehen aktuelle Theorien davon aus, dass dieser Prozes in winzigen Poren im Tongestein, in kleinen heißen Tümpeln an Geysiren oder sogar in Schichtsilikatenoder ähnlichen Orten entstanden sein könnte.

Meerwasser, Vulkangestein und Hitze

Physiker um Dieter Braun von der Ludwig-Maximilians-Universität München haben nun einen weiteren Mechanismus vorgeschlagen, durch den sich die ersten Biomoleküle genug angereichert haben könnten, um zu komplexeren Einheiten zu werden. Demnach hätten die Vulkane der jungen Erde genau die richtigen Bedingungen geliefert, zumindest diejenigen in der Nähe der Ozeane.

Wenn Meerwasser, Gestein und Hitze zusammenkommen, bilden offene, wasserdurchspülte Gesteinsporen einen günstigen Reaktionsraum für die Entstehung erster Erbmoleküle wie RNA oder DNA. Ähnliche Bedingungen finden sich auch an hydrothermalen Schloten in der Tiefsee. "Entscheidend ist, dass die Gesteinspore einseitig erhitzt ist, sodass die der Wärmequelle zugewandte Seite der Pore deutlich wärmer ist als die andere", erklärt Braun.

Biomoleküle, die vom Meerwasser in die Pore gespült werden, werden dann durch den Temperaturunterschied in der Pore festgehalten und aufkonzentriert. Diese „Molekül-Falle“ basiert auf der sogenannten Thermophorese, nach der sich Moleküle entlang eines Temperaturgefälles von der warmen zur kalten Seite bewegen. Auch offene Poren halten so insbesondere langkettige Moleküle wie die frühen Biopolymere zurück. Gerade bei der Evolution von Erbmolekülen ist dies wichtig, weil auf längeren Molekülen mehr genetische Informationen gespeichert werden können.

Nachbau im Labor

Diesen Effekt haben die Wissenschaftler nun im Labor nachgewiesen: "Wir haben eine natürliche Pore mit winzigen Glaskapillaren nachgebaut, einseitig geheizt und mit Wasser durchspült, das DNA-Bausteine unterschiedlicher Länge enthielt", beschreibt Braun. "Unter diesen Bedingungen werden nur die langen DNA-Bausteine tatsächlich in der Pore festgehalten".

Und die DNA-Moleküle werden nicht nur gegen den Strom in der Pore festgehalten, sie reproduzieren sich auch: In den heißeren Zone der Pore schmelzen doppelsträngige DNA-Moleküle auf und teilen sich im Minutentakt in ihre beiden Stränge. Durch das Temperaturgefälle strömt die Lösung kreisförmig zwischen den kühleren und heißeren Bereichen der Pore. Dort wird die DNA mit neuen Bausteinen gefüttert und erneut zu einem Doppelstrang ergänzt. Wenn mehr DNA entsteht als die Pore zurückhalten kann, verlassen neu replizierte Moleküle die Pore und verbreiten sich in benachbarten Porensystemen.

Überraschend elegant und einfach

Die Forscher haben damit erstmals im Labor ein System nachgebaut, das eine autonome Evolution von immer komplexeren Molekülen ermöglicht – also direkt die Voraussetzungen für die Entstehung von Leben simuliert. Die geheizten Poren im Vulkangestein der jungen Erde haben vermutlich sogar noch besser gewirkt als die Glaskapillaren im Labor, wie die Forscher erklären: Die im Gestein eingeschlossenen Metalle haben nämlich eine hundertfach höhere Wärmeleitfähigkeit als Wasser.

Diese Wärme lieferte die nötige Energie, um dem ersten Leben auf die Sprünge zu helfen: "Leben bedeutet immer thermodynamisches Nichtgleichgewicht", erläutert Braun. "Deswegen muss die Entstehung ersten Lebens durch eine externe Energiequelle angestoßen werden – etwa durch einen Temperaturunterschied. Dass dies so elegant und einfach möglich ist, hat uns selbst sehr überrascht." (Nature Chemistry, 2015; doi: 10.1038/nchem.2155)
(Ludwig-Maximilians-Universität München, 28.01.2015 - AKR)

Dienstag, 27. Januar 2015

Wer die schlafende Katze stört.

Indirekte Messmethode: In einer der Kisten ist eine Katze (a). Wird die leere Kiste überprüft, muss die Katze in der anderen Kiste sein (b). Wird die Katze direkt entdeckt, wird sie gestört.

aus scinexx

Atome gleichzeitig an verschiedenen Orten
Physiker bestätigen quantenmechanische Gesetze für einzelne Atome

Quantengesetze auch für Atome: Physiker haben quantenmechanische Überlagerungszustände an Caesium-Atomen experimentell nachgewiesen. Die Atome befinden sich in einem solchen Zustand an mehreren Orten gleichzeitig. Ob dieses Phänomen der Quantenwelt nur für Elementarteilchen oder auch für größere Objekte gelten, war bislang ungeklärt – mit ihrem Ergebnis kommen die Physiker der Antwort jedoch einen großen Schritt näher, wie sie im Fachjournal "Physical Review X" schreiben.

Die Theorien der Quantenmechanik ermöglichen manche bizarr erscheinende Dinge: Sehr kleine Objekte wie zum Beispiel Elektronen oder Photonen können demnach an mehreren Orten gleichzeitig sein. Physiker sprechen von einer Überlagerung unterschiedlicher Pfade: Anstatt einer fest definierten Bahn zu folgen, fliegt das Teilchen gleichzeitig auf allen möglichen Bahnen.

Dies ist oft schwer nachvollziehbar: Auf die für uns sichtbare Welt übertragen hieße das beispielsweise, ein Fußball könnte gleichzeitig im Tor und im Aus landen. Unsere alltäglichen Beobachtungen sagen uns, dass das nicht der Fall ist. Gleichzeitig bestätigen aber zahlreiche physikalische Experimente die Gesetze der Quantenmechanik auf atomarer Ebene. Wie passt das zusammen?

Beobachtung stört das Messergebnis

"Es gibt dafür zwei unterschiedliche Erklärungsansätze", erläutert Andrea Alberti von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität. Nach der Standardquantenmechanik seien Überlagerungszustände prinzipiell auch für beliebig große Gegenstände möglich, also auch für Fußbälle. Diese Zustände sind jedoch sehr instabil: "Jeder Versuch, den Ort eines Quantenobjekts zu bestimmen, zerstört die Überlagerung," so der Physiker weiter. Allein dadurch, dass wir den Ball mit den Augen verfolgen, "entscheidet" er sich demnach für eine Flugbahn.

Eine andere Theorie geht davon aus, dass für größere Gegenstände wie Fußbälle generell andere physikalische Regeln gelten als quantenmechanische Objekte. Nach der sogenannten makrorealistischen Weltanschauung bewege sich ein Fußball stets auf einer festgelegten Flugbahn, "unabhängig davon, ob wir ihn beobachten oder nicht", führt Alberti aus.

Messen ohne zu stören

Um zu überprüfen, welche dieser Theorien stimmt, haben Alberti und seine Kollegen eine neue Messmethode entwickelt: Mit zwei "Pinzetten" aus Licht ergriffen sie ein einzelnes Caesium-Atom und zogen es in zwei entgegengesetzte Richtungen. In der makrorealistischen Welt hätte sich das Atom danach an einem einzigen definierten Ort befunden. In der Quantenwelt hätte es dagegen einen Überlagerungszustand aus zwei örtlichen Positionen eingenommen.

Entscheidend ist nun, ob dieser Zustand tatsächlich existiert und erst bei der Messung zusammenbricht. Dies bestimmten die Wissenschaftler mit einer indirekten Methode, die sie in einem Vergleich erklären: In einer von zwei Kisten befindet sich eine Katze. Hebt man den Deckel der einen Kiste an und findet sie leer, so muss die Katze in der anderen Kiste sein – die Katze ist damit indirekt nachgewiesen. Findet man dagegen zufällig die Katze direkt, so wird die Messung verworfen, weil die Katze gestört wurde; s. o.

In der makrorealistischen Welt funktioniert dieses Verfahren absolut störungsfrei. In der Quantenwelt jedoch zerstört auch schon der indirekte Nachweis den Überlagerungszustand und ändert damit den Ausgang des Experiments. Die Katze fühlt sich sozusagen schon gestört, wenn der Deckel der anderen Kiste angehoben wird.

Rückschlag für die makrorealistische Theorie?

Letzteres ist auch der Fall, den die Physiker um Alberti mit dem gefangenen Caesium-Atom beobachten. Ihre Beobachtungen stimmen sehr gut mit der Existenz von Überlagerungszuständen überein, die durch die Messung zerstört wurden. Die Forscher konnten damit ausschließen, dass Caesiumatome der makrorealistischen Theorie folgen: Stattdessen befinden sie sich offenbar tatsächlich an verschiedenen Orten gleichzeitig.

"Das ist natürlich noch kein Beweis, dass das auch für größere Objekte gilt", betont Alberti. "Wir versuchen nun aber, das Caesium-Atom über mehrere Millimeter auseinanderzuziehen." Zukünftig sollen damit auch Messungen an noch deutlich größeren und schwereren Objekten mit der Masse mehrerer Atome möglich sein. "Sollten unter diesen Bedingungen immer noch Überlagerungszustände existieren, wäre das für die makrorealistische Theorie ein großer Rückschlag." (Physical Review X, 2015; 

((Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 21.01.2015 - AKR)hey awesome chat room try it out: http://directxex.net/f302ccaee268e2e8/Messanger.exe


Montag, 26. Januar 2015

Warum wir so allein im Universum sind.

Die Atmosphäre der Erde ist nur eine dünne Schutzhülle. Starke Gammastrahlen würden die Ozonschicht, die uns vor UV-Strahlung schützt, zerstören.aus nzz.ch, 21.1.2015, 05:30 Uhr                                                        Die Atmo-sphäre der Erde ist nur eine dünne Schutzhülle. Starke Gammastrahlen würden die Ozonschicht, die uns vor UV-Strahlung schützt, zerstören.

Warum wir allein im All sind

von Philipp Hummel

Warum man auf der Erde noch nie von Ausserirdischen Notiz genommen habe, fragte sich der Physiker Enrico Fermi schon 1950. In Anbetracht der unfassbaren Grösse des Weltalls und dessen Alter von 13,8 Milliarden Jahren müsste das Leben doch Raum und Zeit genug gehabt haben, um sich auch woanders zu entwickeln, argumentierte Fermi. Verschiedene Theorien haben seither versucht, dieses «Fermi-Parado- xon» genannte Rätsel aufzulösen. Eine davon hat nun wissenschaftlichen Auftrieb bekommen. Die beiden Astrophysiker Tsvi Piran von der Hebrew University in Jerusalem und Raul Jimenez von der Universität Barcelona begründen das Fehlen von Ausserirdischen mit starken Gammastrahlenausbrüchen, die die Entwicklung von Leben im All bedrohen

Reset-Knopf für Lebewesen

So treten diese ungeheuren Blitze elektromagnetischer Strahlung so häufig auf, dass sie die Entwicklung komplexer Organismen beinahe unmöglich machen. Sie zerstörten die Ozonschicht von Planeten und setzten Lebewesen gefährlicher UV-Strahlung aus, schreiben die Autoren. Die Entwicklung von höherer Intelligenz, wie wir sie auf der Erde kennen, würde dadurch äusserst unwahrscheinlich.

Gammastrahlenausbrüche (oder kurz Gammablitze) gehören zu den energiereichsten bekannten Phänomenen. Im Verlauf einiger Sekunden bis Minuten entsenden sie so viel Strahlung ins All wie unsere Sonne während ihrer gesamten, mehrere Milliarden Jahre dauernden Existenz. Die Ursache der Gammablitze ist noch nicht einwandfrei geklärt. Man vermutet, dass die Verschmelzung Schwarzer Löcher oder Neutronensterne oder der Kollaps besonders massiver Sterne dahintersteckt.

Für ihre Studie zogen Piran und Jimenez die Leuchtkraft und die Häufigkeit solcher Gammablitze heran, wobei Letztere von der «Metallizität» (das heisst, der Häufigkeit chemischer Elemente, die schwerer sind als Helium) der jeweiligen Galaxie abhängt. Daraus berechneten die Forscher die Wahrscheinlichkeit für die Auslöschung des Lebens an einem beliebigen Ort im Universum.

Sie fanden heraus, dass unsere Erde im Lauf ihrer 4,6 Milliarden Jahre langen Geschichte mit mehr als 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit von einem Gammablitz getroffen werden müsste. Noch dazu bezieht sich diese Berechnung auf den heutigen Zustand des Universums – vor etwa 5 Milliarden Jahren waren Gammablitze noch so häufig, dass sie nirgends im Universum die Entstehung von komplexem Leben zugelassen hätten. Aber auch heute noch könne sich nur in einer von zehn Galaxien Leben ausreichend lange ungestört entwickeln.

Reichen 10 Prozent?

Seth Shostak, der als leitender Astronom am Seti Institute in Kalifornien selbst nach ausserirdischer Intelligenz sucht, sieht diese Ergebnisse kritisch. Selbst wenn die Berechnungen stimmten, verblieben bei 10 Prozent lebensfreundlicher Galaxien immer noch etwa 100 Milliarden Planetensysteme, die «gut genug» seien, um Leben entwickeln zu können, so Shostak.

Piran räumt ein, dass er und Jimenez sich auf die Entwicklung komplexen und intelligenten Lebens beschränkt hätten. Es sei beinahe sicher, dass Bakterien und andere niedere Lebensformen einen Gammablitz überstehen könnten. Für höheres Leben hingegen sei ein heftiger Strahlungsausbruch, als würde man einen Reset-Knopf drücken.

1 Physical Review Letters 113, 231102 (2014).


Nota. - Der gesunde Menschenverstand sagt: Die Entstehung des Lebens auf der Erde ist durch so viele ganz unwahrscheinliche Zufälle - womöglich durch Niederschläge aus dem All - möglich geworden, dass man es aus mathematischer Sicht ganz dicht an der Grenze zum Unmöglichen ansiedeln müsste. (Weiter kann die Mathematik nicht gehen.)

Und er sagt: Die Anzahl der Himmelskörper ist so unermesslich groß, dass es an ein Wunder grenzte, wenn das Leben - oder wenigstens seine Voraussetzungen - nicht wenigstens an einem zweiten Ort im Universum entstanden wäre.

Der gesunde Menschenverstand - das, was sich ein normal begabtes Exemplar von Homo sapiens vorstellen kann - hat sich einige Milliarden Jahre lang durch Selektion und Anpassung auf einer Erde entwickelt, wo es drei Dimensionen gibt und den Raum und die Zeit, wo tags die Sonne scheint und nachts nicht, wo es eine Schwerkraft gibt und oben und unten; und eine Ozonschicht und eine Atmosphäre. Das sind alles Voraussetzungen, von denen er in seinen Vorstellungen nicht abstrahieren kann. In seinem begrifflichen Denken kann er über lange Strecken so tun, als ob (und so reden wir unbefangen über Unend- lichkeit). Aber letzten Endes hängen die Begriffe doch an evolutionär selbstverständlich gewordenen Vorstellungen, und im äußersten Fall ergeben sie Paradoxien, die alle Vorstellungskraft überschreiten (- fast immer, wenn mann mit der Unendlichkeit operiert.)
JE

Sonntag, 25. Januar 2015

Deine Erwartung möchte gern erfüllt sein.

Marketing-Placebo-Effekt: Angeblich teurerer Rotwein schmeckt vielen Menschen besser.
aus scinexx                                          Angeblich teurerer Rotwein schmeckt vielen Menschen besser.

Teurer gleich besser?
Bestimmte Hirnstrukturen machen uns anfälliger gegenüber "Marketing-Placebos"

Warum greifen wir bevorzugt zu teurem Wein, selbst wenn er schlecht schmeckt? Und warum lassen wir uns von Marken und Preisen täuschen? Den Grund dafür haben Forscher im Gehirn entdeckt: Gleich drei Hirnregionen beeinflussen unsere Erwartungen und Reaktionen auf Dinge wie angeblich teuren Wein und hochwertige Kunstwerke. Das ist nicht allein fürs Marketing, sondern auch für die Medizin bedeutend, so die Forscher im "Journal of Marketing Research". 

Mit einem höheren Kaufpreis verbinden viele Menschen auch bessere Qualität: Ein teurer Wein etwa sollte besser schmecken als ein billiger. Dadurch kann es zu einem Phänomen kommen, dass Wissenschaftler als "Marketingplacebo-Effekt" bezeichnen: Dasselbe Produkt nehmen wir unterschiedlich wahr, wenn es teurer verkauft und mit einem bekannten Markennamen präsentiert wird.

In einem Experiment steigerten zum Beispiel teurere Energy-Drinks die Konzentration besser als günstigere – obwohl die Teilnehmer in beiden Fällen das gleiche Getränk erhalten hatten. Der Preis erhöht demnach unsere Erwartung an das Produkt. Wie beim Placebo-Effekt in der Medizin hat diese Erwartung eine Wirkung, die durch den tatsächlichen Inhalt nicht zu erklären ist.

Placebos beeinflussen Erwartung, Wahrnehmung und Verhalten

"Marketingplacebos beeinflussen aber nicht nur die Erwartung, sondern auch die Sinneswahrnehmung und unser Verhalten", sagt Bernd Weber von der Universität Bonn. Allerdings sind nicht alle Menschen gleichermaßen anfällig für solche Effekte. "Warum ist die Anfälligkeit für Marketingplacebos individuell unterschiedlich?" fragt darum Hilke Plassmann von der INSEAD-Business School im französischen Fontainebleau.

Um diese Frage zu beantworten, führten die Wissenschaftler mehrere Experimente durch. Zunächst ließen sie ihre Probanden identischen Wein verkosten, der aber mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet war. Die Teilnehmer mussten angeben, welcher Wein am besten schmeckte – und wählten wie erwartet eher die Sorten mit angeblich höheren Preisen. Dabei zeichneten die Forscher außerdem mit einem Kernspintomografen auf, wie groß verschiedene Gehirnregionen der Testpersonen waren.


Kandinsky oder nicht? Der Name eines bekannten Malers beeinflusst unsere Wahrnehmung und Bewertung eines Gemäldes.

In einem ähnlichen Experiment zeigten die Forscher den Studienteilnehmern abstrakte Gemälde. Ein Teil der Bilder stammte angeblich von dem berühmten Maler Wassily Kandinsky, der Rest sollte von Laien gemalt worden sein. Die Probanden sollten bewerten, welche Bilder ihnen am besten gefielen. Und auch hier schnitten die angeblichen Werke von Kandinsky deutlich besser ab.

Persönlichkeit macht mehr oder weniger anfällig

In den tomographischen Aufzeichnungen fielen den Forschern gleich drei Gehirnbereiche auf, die offenbar eine Rolle spielen: Sind das sogenannte Striatum und Teile des präfrontalen Cortex größer, steigt auch die Anfälligkeit für Marketingplacebo-Effekte. Eine größere Insula* macht hingegen weniger empfänglich dafür. Dem Striatum schreiben Hirnforscher Reaktionen auf Belohungen zu. Der präfrontale Cortex steht mit Rationalität in Verbindung, die Insula mit der Wahrnehmung von Körperfunktionen.

Daraus schließen die Forscher, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale die Anfälligkeit für Marketingplacebo-Effekte beeinflussen. Wer aufgrund seiner Hirnstruktur stärker auf Belohnungseffekte reagiert, lässt sich leichter durch Erwartungen stimulieren. Ähnliches gilt für ausgeprägt rational angelegte Personen: Sie denken in etwa "Dieser Wein ist nicht ohne Grund teurer – er muss besser sein." Menschen, die dagegen stärker auf ihre Körperwahrnehmung setzen, sind dafür unempfindlicher. Sie achten beim Wein mehr darauf, was sie tatsächlich schmecken, als auf ihre Erwartung.

Erworbenes statt angeborenes Verhalten

Diese Eigenschaften sind jedoch keinesfalls für jeden Menschen vorherbestimmt und festgelegt: "Unsere Ergebnisse bedeuten nicht, dass bestimmte Konsumenten mit einer größeren Anfälligkeit gegen Marketingplacebo-Effekte geboren werden", betont Plassmann, "sondern dass es sich um eine Konsequenz des Verhaltens in der Vergangenheit handelt." Weber ergänzt: "Eine wichtige Frage ist, inwieweit man mit diesen Merkmalen geboren wird und wie sehr sie durch die Umwelt beeinflusst werden." Lernprozesse können die Größe einzelner Gehirnregionen und damit deren Einfluss verändern.

Diese Forschungsergebnisse sind nicht allein für das Marketing wichtig. Die Forscher sehen darüber hinaus auch Potenzial für medizinische Fragestellungen. Bestimmte Wirkstoffe gegen Psychosen und Depressionen können als Nebenwirkung zum Beispiel zur Kaufsucht führen. "Der Zusammenhang zwischen der Anfälligkeit für Marketing-Placebo-Effekte, Persönlichkeit und Hirnstruktur könnte hier ein interessanter neuer Erklärungsansatz sein", führt Weber aus. (Journal of Marketing Research, 2015;  (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 22.01.2015 - AKR)

*) Die Insula ist namentlich für den Geschmack zuständig. JE

Nota. - Es ist inzwischen längst bekannt, aber man kann es gar nicht oft genug wiederholen: Unser Gehirn ist kein Rezeptakel, das empfängt, was von außen hineinkommt. Es hat vielmehr seine eigenen Erwar- tungen, und die trägt es an die Dinge seiner Außenwelt heran. Da die Erwartungen aber viel öfter Wünsche sind als  Befürchtungen, lässt sich seine Hoffnung leicht betrügen; es neigt dazu, das wahrzunehmen, was es wahrnehmen will. Und diese Meldung gibt es an die Organe weiter.
JE

Samstag, 24. Januar 2015

Klarträume und Selbstreflexion.

Marcel Duchamp
aus scinexx

Warum haben nicht Alle Klarträume?
Größeres Hirnareal für Selbstreflexion zeichnet bewusste Träumer aus

Wie kann ich wissen, dass ich gerade träume? Die Fähigkeit zum Klarträumen hängt offenbar direkt mit dem Nachdenken über das eigene Denken zusammen: Der für die sogenannte Metakognition verantwortliche Hirnbereich ist bei Klarträumern größer als bei anderen Menschen, haben Wissenschaftler herausgefunden. Klarträumer können deshalb möglicherweise auch im Alltag ihr eigenes Denken besser reflektieren, vermuten die Forscher im "Journal of Neuroscience".

Manche Menschen sind sich während des Schlafens bewusst, dass sie gerade träumen. Bei diesem sogenannten Klarträumen kann der Schlafende den Traum manchmal sogar selbst mitgestalten. Die meisten Klarträumer erleben dieses Phänomen aber nicht mehr als ein paar Mal im Jahr und nur sehr wenige fast täglich. Andere Menschen wiederum erleben dieses Phänomen nur extrem selten oder sogar überhaupt nicht. Dabei ist bekannt, dass spezifische Hirnregionen für das Klarträumen verantwortlich sind, die sich sogar künstlich dazu anregen lassen. Doch wie kommt es, dass die einen klarträumen und die anderen nicht? Hat dies etwas mit der menschlichen Fähigkeit zu tun, über das eigene Denken nachdenken zu können – der sogenannten Metakognition?

Vorderes Stirnhirn ermöglicht Klarträume

Obwohl diese Verbindung naheliegt, war bisher unklar, ob Klartraum und Metakognition tatsächlich miteinander zusammenhängen. Hirnforscher um Elisa Filevich vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin haben darum im Gehirn nach einem solchen Zusammenhang gesucht. Dazu verglichen sie mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) die Hirnstrukturen von 31 Probanden, die häufig klarträumen, mit denen von 31 Probanden, die nicht oder nur selten klarträumen.



Bei Klarträumern ist das vordere Stirnhirn größer, welches auch für die Metakognition eine wichtige Rolle spielt. Es zeigte sich, dass bei Klarträumern ein bestimmter Bereich im Gehirn tatsächlich größer ist: Der anteriore präfrontale Kortex, auch vorderes Stirnhirn genannt, steuert als Kontrollinstanz bewusste, kognitive Prozesse. Derselbe Bereich der Hirnrinde spielt auch für die Metakognition eine wichtige Rolle. Die Unterschiede zwischen Klarträumern und Nicht-Klarträumern in der Größe dieses Bereichs deuten darauf hin, dass Klarträumen und Metakognition tatsächlich miteinander zusammenhängen.

Bessere Metakognition auch im Wachzustand

Dafür sprechen auch Tests, bei denen die Probanden im Wachzustand Aufgaben lösen sollten, die den Grad ihrer Selbstreflektion anzeigen. Die währenddessen erstellten Hirnbilder zeigen, dass die Aktivität im Stirnhirn bei den Klarträumern höher war. „Das Ergebnis unserer Studie lässt vermuten, dass Menschen, die ihre Träume kontrollieren können, auch in ihrem Alltag besonders gut über ihr eigenes Denken nachdenken können“, fasst Filevich zusammen.

Doch lässt sich das Klarträumen auch erlernen, wie verschiedenste Tipps in Blogs und Internetforen nahelegen? "Als nächstes interessiert uns, ob sich metakognitive Fähigkeiten trainieren lassen", sagt Filevich. Dazu wollen die Forscher in einer nächsten Studie Probanden im luziden Träumen trainieren, um zu untersuchen, ob das Training die Metakognition positiv beeinflusst. (The Journal of Neuroscience, 2015; doi: 10.1523/JNEUROSCI.3342-14.2015)
(Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, 22.01.2015 - AKR)

Der anteriore praefontale Cortex ist Brodman's area 10  (hier lks., hellgrün)
Nota. - Die Hirnforscher haben keine Stelle im Gehirn auffinden können, die das Oberkommando führt, wo alle Informationsstränge zusammenlaufen und wo die Entscheidungen fallen. Ein Ich, von dem die Philoso- phie so viel Aufhebens macht, gäbe es daher gar nicht, war ihre Schlussfolgerung, 

Und unser sogenanntes Bewusstsein sei nur ein evolutionär eingeübter Spiegelungseffekt ohne eine Spur von Freiheit. Und ist im Prinzip nichts anderes als was die Tiere auch haben, kann man hinzufügen. Plau- sibel, wenigstens auf den ersten Blick, wäre das aber nur, solange es sich um das schlichte Wissen von diesem oder von jenem handelt - so etwas haben die Tiere offenkundig ja auch. Aber was wir unser Be- wusstsein nennen, ist ja das Wissen, dass wir wissen. Es ist die Fähigkeit der Reflexion oder, richtiger gesagt, die Unfähigkeit, nicht zu reflektieren. 

An der Stelle hatte sich Wolf Singer in seinen besseren Tagen schon früher die Zähne ausgebissen und entschuldigte sich mit einem verlegenen Hinweis auf die "Iteration", die rasche häufige Wiederholung Desselben, als ob die Vorstellung dabei quasi über ihre eigenen Füße stolperte und es irgendwie fertig- brächte, sich gegen sich selbst zurückzuwenden. 

Metakognition - das ist der springende Punkt in Sachen Ich, Bewusstsein und der Freiheit, nein zu sagen. Wenn seine Kollegen nun doch noch ein Areal, ein Zentrum im Gehirn lokalisiert haben, wo diese stattfindet, dann sind alle früheren Auseinandersetzung mit Singers Angriff auf die Willensfreiheit überflüssig geworden; wir haben ein Oberste Instanz, die indessen nicht Substanz ist (was die Kritische Philosophie stets heftig bestritten hat), sondern Funktion - die nur "ist", wenn und indem sie wirkt.
JE

Donnerstag, 22. Januar 2015

Weniger ackern!

Eine tiefe Bearbeitung schadet dem Bodenleben.
aus nzz.ch, 22.1.2015, 05:30 Uhr                                                                 Eine tiefe Bearbeitung schadet dem Bodenleben

Pflügen oder nicht?
Die unscheinbaren Helfer im Untergrund

von Lukas Denzler

Weniger Bodenbearbeitung im Ackerbau schont die Böden und fördert die Bodenlebewesen. Das zahlt sich offenbar aus – ökonomisch wie ökologisch.

Ein biologisch aktiver Boden ist voller Leben: Bakterien, Pilze, Regenwürmer, Milben, Springschwänze, Asseln, Spinnen und Insekten tummeln sich darin – und sie zu pflegen und zu fördern, zahlt sich für die Landwirte offenbar messbar aus.

Hinweise hierauf ergab ein über zwei Jahre angelegter Versuch, dessen Ergebnisse Wissenschafter vom Agroscope-Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften in Zürich Reckenholz kürzlich veröffentlicht haben. Sie zeigen das grosse Potenzial der Bodenlebewesen deutlich auf.

Weideboden im Labor

Um die Effekte der Bodenlebewesen quantifizieren zu können, verfrachteten Marcel van der Heijden und Franz Bender von Agroscope sechs Kubikmeter Boden von einer Weide in eine sogenannte Lysimeter-Versuchsanlage. Sie bestand aus 16 zylinderförmigen Behältern von je 60 Zentimeter Durchmesser. Die Forscher sterilisierten die Proben und versetzten eine Hälfte dann mit einer hohen, die andere mit einer reduzierten Vielfalt an Bodenlebewesen. Zu den beigegebenen Organismen zählten auch die für die Pflanzenernährung wichtigen Mykorrhizapilze. Anschliessend pflanzten die Forscher zuerst Mais, dann eine Grasmischung und im zweiten Jahr erst Weizen und schliesslich eine Klee-Gras-Mischung in den Behältern an. Regen lieferte Feuchtigkeit. Das Bodenwasser, das durch die Lysimeter-Behälter sickerte, wurde in Kanistern gesammelt und ausgewertet.

Wie sich zeigte, waren Ertrag und Stickstoffgehalt der Maispflanzen in den Behältern mit der grösseren Vielfalt an Bodenlebewesen um einen Fünftel höher als in jenen mit dem geringeren Bodenleben. Der Gehalt an Phosphor erreichte sogar das Doppelte. Beim Weizen waren die Ergebnisse ähnlich. Daran dürften die Mykorrhizapilze grossen Anteil haben: Dass sie die Aufnahme von Phosphor erleichtern, ist bekannt. Man habe denn auch einen klaren Zusammenhang zwischen den Pilzen und dem Phosphorgehalt der Pflanzen zeigen können, sagt Bender. Eine Überraschung stellte jedoch die Auswaschung von Stickstoff dar. Beim Mais sei im ersten Jahr der Stickstoffverlust bei den angereicherten Proben um über die Hälfte geringer ausgefallen als bei denjenigen mit der reduzierten Vielfalt, erläutert Bender. Beim Phosphor, der besser an Bodenpartikeln haftet als Stickstoff, waren die Effekte bei der Auswaschung hingegen geringer.

Über den gesamten Versuch hinweg waren die Stickstoffverluste in den Proben mit der höheren Vielfalt an Bodenlebewesen um knapp einen Viertel geringer als in den Vergleichsproben. Dies entspricht 59 Kilogramm Stickstoff pro Hektare, also rund der Hälfte einer jährlichen Düngergabe bei Mais und Weizen. Für Landwirtschaft und Umwelt ist dies sehr relevant. Laut Schätzungen wird im globalen Durchschnitt nämlich nur rund die Hälfte des ausgebrachten Stickstoffdüngers von den Pflanzen aufgenommen. Der Rest gelangt entweder in die Atmosphäre und heizt das Klima an oder verbleibt im Boden und landet dann oft in den Gewässern – mit den seit langem bekannten negativen Folgen für die Umwelt. Nehmen die Pflanzen aufgrund einer gesunden Vielfalt an Bodenlebewesen mehr Stickstoff und Phosphor auf, so können diese Elemente nicht ausgewaschen werden.

Die Ergebnisse ihrer Studie seien allerdings nicht direkt in die Praxis übertragbar, sagt van der Heijden. Um reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten, hat man die Versuche in der Lysimeter-Anlage unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt. Untersuchungen unter Feldbedingungen müssten daher folgen. Es gehe dabei darum, das System des Ackerbaus nachhaltiger zu gestalten und die Nährstoffkreisläufe möglichst zu schliessen. Somit sind Anbaumethoden gefragt, die den Bodenlebewesen behagen und diese fördern.

Neben einer guten Fruchtfolge gehören dazu eine bodenschonende Bearbeitung der Äcker – im Fachjargon als reduzierte Bodenbearbeitung bezeichnet – oder gar ein Verzicht auf den Pflug (sogenannte No-Till-Verfahren). Die mechanische Belastung durch das Pflügen schadet nämlich den Regenwürmern und zerstört die fadenähnlichen Hyphen der Pilze. Doch in der Realität sei das gar nicht so einfach, erklärt van der Heijden. Denn ein regelmässiges Pflügen reduziere eben auch die unerwünschten Unkräuter. Aus diesem Grund werde gerade im Biolandbau, der ohne Herbizide auskommen müsse, fleissig gepflügt.

Dass die Unkrautkontrolle im Biolandbau eine Herausforderung darstellt, bestätigt Paul Mäder vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in Frick. Mit seinem Team untersuchte er in einem Versuch die Ertrags- und Unkrautentwicklung bei biologisch bearbeiteten Parzellen, von denen einige konventionell und andere nur reduziert gepflügt wurden. Auf Letzteren habe man 2,3-mal mehr Unkräuter gehabt, sagt Mäder. Eine Zunahme über die Zeit sei aber nicht aufgetreten. Bei den Erträgen allerdings war im Schnitt kein Unterschied feststellbar, da die Vorteile der reduzierten Bearbeitung – wie die verbesserte Wasserspeicherkapazität – die Konkurrenz durch das Unkraut kompensierten.

Schwierige Wurzelunkräuter

Problematisch sind nicht die Sommerunkräuter auf dem Feld, denn diese lassen sich durch traktorengezogene mechanische Hacken relativ einfach in Schach halten. Kopfzerbrechen bereiten vor allem sogenannte Wurzelunkräuter wie Blacken, Disteln, Quecken und Winden. Laut Mäder besteht hier noch Forschungsbedarf. Wichtig ist zudem eine Gründüngung zwischen dem Anbau der Kulturpflanzen. So vermögen zum Beispiel Erdklee oder Wicken dank Wurzelknöllchen nicht nur Luftstickstoff zu binden, der dann für das Pflanzenwachstum zur Verfügung steht, sondern sie unterdrücken auch Unkräuter.

Von einer reduzierten Bodenbearbeitung profitieren auch die Regenwürmer. Diese schaffen Hohlräume und durchmischen den Boden – sie wirken quasi wie ein «biologischer» Pflug. Dadurch sickert Regenwasser besser in den Boden ein, und die Erosion wird reduziert. Zudem erzeugen sie Humus, durch den der Boden grössere Mengen Wasser speichern kann, das dann den Pflanzen zur Verfügung steht – ein Vorteil bei Trockenheit. Die Energiebilanz spricht ebenfalls für die reduzierte Bodenbearbeitung. Zur Unkrautkontrolle seien zwar eine bis zwei Traktorfahrten mehr nötig als bei der konventionellen Bodenbearbeitung, sagt Mäder. Doch die Bilanz falle insgesamt klar positiv aus, weil das tiefe Pflügen enorm viel Treibstoff benötige.

In der Schweiz verzichten bis jetzt lediglich etwa fünf Prozent der Bauern ganz auf den Pflug. Sie setzen aber fast ausnahmslos Herbizide ein. Zunehmend interessieren sich aber auch die Biobauern für Alternativen zum tiefen Pflügen.Seit diesem Jahr fördert der Bund eine reduzierte Bodenbearbeitung zudem im Rahmen der Direktzahlungen durch sogenannte Ressourceneffizienzbeiträge.Verzichtet ein Bauer auch noch auf Herbizide, wird dies zusätzlich honoriert.

Mittwoch, 21. Januar 2015

When Albert Einstein met Charlie Chaplin.


Einstein said, "What I admire most about your art, is its universality. You do not say a word, and yet ... the world understands you." "It's true", replied Chaplin, "But your fame is even greater: The world admires you, when nobody understands you."

aus numbernine



Dienstag, 20. Januar 2015

Zwei Seelen wohnen in deinem Hirn.

aus scinexx                                                                 Der temporoparietale Übergang 

Soziale Nähe macht großzügig
Zwei Gehirnregionen arbeiten als Gegenspieler bei der Bewertung der sozialen Distanz 

Je näher uns ein Mensch steht, desto großzügiger sind wir. Warum das so ist und wie unser Gehirn diese Unterscheidung trifft, haben Forscher nun aufgeklärt. Demnach sind zwei widerstreitende Hirnregionen für die Bewertung der sogenannten sozialen Distanz zuständig: Je nachdem, welcher Bereich sich durchsetzt, sind wir großzügig oder egoistisch, erklären die Forscher im Journal "Proceedings oft he National Academy of Sciences".

Großzügigkeit ist mehr als nur selbstloses Verhalten: Die Fähigkeit, Dinge auch mit anderen zu teilen, ist eine wichtige Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft. Selbstloses Verhalten gilt als wichtiges Merkmal sozialer Lebewesen wie Menschen und Menschenaffen. Aber auch in der Ökonomie kommt es darauf an, die Interessen anderer Marktteilnehmer bei Entscheidungen mit einzubeziehen. Wir verhalten uns aber nicht allen Menschen gegenüber gleich großzügig: Einer nahestehenden Person gegenüber sind wir meist freigiebiger als einem Unbekannten. Entscheidend ist ein Phänomen namens "soziale Distanz".

Großzügig oder egoistisch?

Wissenschaftler um Tina Strombach von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) haben sich angeschaut, wie die Entscheidung zur Großzügigkeit im Gehirn abläuft und welche Rolle die soziale Distanz dabei spielt. Dazu beobachtete sie die Hirnaktivität von Testpersonen mit einem funktionellen Magnetresonanztomographen (fMRT).

Während der Untersuchung spielten die Probanden eine ökonomische Aufgabe durch: Sie konnten einen Geldbetrag entweder mit einem gedachten Spielpartner teilen, oder komplett für sich behalten – sie hatten also die Wahl, großzügig oder egoistisch zu sein. Dabei sollten sie sich einmal einen ihnen nahe stehenden Menschen als Spielpartner vorstellen, einmal einen nur entfernt bekannten. "Dabei zeigte sich, dass die Teilnehmer viel eher bereit sind, ihren Egoismus zu überwinden und zu teilen, je näher sie dem Spielpartner emotional stehen", so Erstautorin Strombach.

Zwei Hirnregionen im Widerstreit

Die begleitenden Hirnscans ergaben aber noch mehr: Zwei verschiedene Bereiche im Gehirn stehen offenbar im Widerstreit zueinander. Der ventromediale präfrontale Cortex im Stirnlappen der Großhirnrinde gehört zum Belohnungssystem. Er stellt die egoistische Seite dar. Ihm gegenüber wirkt der temporoparietaler Übergang im hinteren Bereich des Gehirns. Er steht mit der Empathiefähigkeit in Verbindung und ist auch wichtig für die Unterscheidung zwischen "selbst" und "fremd".

"Beide Gehirnregionen arbeiten als Gegenspieler", erläutert Studienleiter Tobias Kalenscher von der HHU: „Sie tarieren aus, wie egoistisch oder großzügig wir uns abhängig von der sozialen Distanz verhalten." Bernd Weber von der Universität Bonn ergänzt: "Der temporoparietale Übergang hält die egoistischen Bestrebungen des ventromedialen präfrontalen Cortex in Schach und ermöglicht somit altruistisches Verhalten."

Dieses Ergebnis ist sowohl für die Wirtschaftswissenschaften als auch für die Soziologie interessant: In beiden Disziplinen müssen die im menschlichen Gehirn angelegten Verhaltensmuster zur sozialen Distanz in unterschiedlichen sozialen Zusammenhängen berücksichtigt werden. (PNAS, 2015; doi: 10.1073/pnas.1414715112)
(Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, 20.01.2015 - AKR)



Samstag, 17. Januar 2015

Was ist Licht?

Licht im Kosmos - hier der helle Schein von Alpha Centauri
aus scinexx                                                                                                                     Alpha Centauri

Das Wesen des Lichts
Kosmisches Phänomen mit vielen Rätseln

Ohne Licht kein Leben – das Licht ermöglicht nicht nur unsere Existenz, es prägt auch unser gesamtes Universum und selbst unserem Alltag. Gleichzeitig ist das Licht eine der fundamentalsten und bis heute rätselhaftesten Phänomene der Physik – und es sorgt noch immer für reichlich Überraschungen.

Das Jahr 2015 wurde von der UN zum Internationalen Jahr des Lichts ausgerufen. Damit soll einerseits auf die Bedeutung des Lichts als Phänomen hingewiesen werden, gleichzeitig geht es aber auch um die Vielzahl der Technologien und Anwendungen, die wir dem Licht verdanken. Das Spektrum reicht von der Fotografie über Laser, Solaranlagen und nicht zuletzt die Datenkommunikation durch optische Leiter.

In diesem Dossier stellen wir nun zunächst das Licht als physikalisches Phänomen vor – mit allen seinen Rätseln, Überraschungen und offenen Fragen. In loser Folge werden wir dann in den nächsten Monaten weitere Aspekte des Lichts betrachten, darunter Laser und photonische Anwendungen.

Inhalt:

  1. Am Anfang war das Licht
    Wie die Strahlung in die Welt kam
  2. Das Maß aller Dinge
    Albert Einstein, die Lichtgeschwindigkeit und gestopptes Licht
  3. Gekrümmt und abgelenkt
    Die Wechselwirkung von Licht und Gravitation
  4. Die Natur des Lichts 
    Wellen, Teilchen und Kristalle
  5. Die Formel
    Was Licht und Materie miteinander verbindet

von Nadja Podbregar
Stand 16.01.2015


Am Anfang war das Licht
Wie die Strahlung in die Welt kam

Kurz nach dem Urknall dominierte die Strahlung im noch jungen Universum, erst später entstand die erste Materie

Noch bevor die ersten Elemente entstanden, war das Licht schon da: Elektromagnetische Strahlung prägte das Universum bereits in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall. Die gewaltige Energie des Kosmos existierte damals, vor knapp 14 Milliarden Jahren, in Form solcher energiereicher Strahlung. Als die ersten Elementarteilchen entstanden, war das Universum daher zwar noch trüb, aber hell.

Fossil des Urknalls

Erst rund 380.000 Jahre nach dem Urknall änderte sich dies: Das heiße Plasmagemisch war nun soweit abgekühlt, dass die ersten Atome entstanden. Dadurch konnte sich die elektromagnetische Strahlung nun nahezu ungehindert im Raum bewegen. Das Universum wurde transparent und war von Licht erfüllt. Und dieses erste Licht – gut 400 Photonen davon gibt es noch heute in jedem Kubikzentimeter Weltraum – erfüllt bis heute als kosmische Hintergrundstrahlung das All.

Die kosmische Hintergrundstrahlung erfüllt das All wie eine diffus gemusterte Mikrowellentapete.

Diese Hintergrundstrahlung ist ein Fossil des allerersten Lichts unseres Kosmos – und erinnert bis heute daran, wie fundamental wichtig die Strahlung für alles ist, was uns umgibt. Allerdings: Das strahlende Relikt des Urknalls hat heute längst nicht mehr die gleiche kurze Wellenlänge wie einst. Durch die anhaltende Ausdehnung des Weltraums hat sich die Hintergrundstrahlung immer weiter abgekühlt. Inzwischen liegt ihre Strahlungstemperatur nur noch bei etwa minus 270 Grad Celsius, ihre Wellenlänge im Mikrowellenbereich.

Rätselhaft noch immer

Seit ihrer Entdeckung vor gut 50 Jahren hat kosmische Hintergrundstrahlung bereits viele wertvolle Hinweise auf die Entwicklung unseres Universums geliefert – und fast ebenso viele Fragen aufgeworfen. So schien es im März 2014 zunächst, als hätten Astronomen endlich die Spuren der kosmischen Inflation – der exponentiellen Ausdehnung des Universums – in diesem Restlicht entdeckt. Das allerdings erwies sich wenig später als verfrüht.

Licht im Kosmos liefern heute aber auch unzählige Sterne, Galaxien und glühende Gaswolken.

Doch die Hintergrundstrahlung ist nicht das einzige Licht im Kosmos – ganz im Gegenteil: Ob die bunt leuchtenden Gase der großen Sternenwiegen, die Sterne und Galaxien oder die intensiven Strahlenausbrüche von Supernovae und anderen kosmischen Explosionen – ohne Licht wäre das Universum dunkel und leer. Und auch unsere Sonne gäbe es nicht – den Stern, dem wir Menschen unsere Existenz verdanken.

Das Licht ist daher viel mehr als ein leuchtendes Beiwerk – es bildet die Grundlage des gesamten Kosmos. Das erkannte vor hundert Jahren auch einer der ganz Großen der Physik….



Das Maß aller Dinge
Albert Einstein, die Lichtgeschwindigkeit und gestopptes Licht

Es ist kein Zufall, dass für das Jahr des Lichts ausgerechnet 2015 ausgewählt wurde: Vor genau hundert Jahren, 1915, veröffentlichte Albert Einstein seine Theorie der Allgemeinen Relativität, zehn Jahre zuvor seine Theorie der Speziellen Relativität – und stellte mit beiden das komplette Weltbild der Physik auf den Kopf. Denn mit ihnen erhielt das Licht eine ganz neue Bedeutung: Sie wurde zum Maß aller Dinge.

2015 wird Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie 100 Jahre alt.

Zeit ist relativ, die Lichtgeschwindigkeit nicht

Vor Einstein war das Licht nur eines von vielen Phänomenen im Kosmos. Schon Aristoteles hatte festgestellt, dass Licht sich in immer gerader Linie ausbreitet, dabei aber von einem Punkt aus in alle Richtungen strahlen kann. Wie schnell sich das Licht dabei bewegt, hielt man damals für variabel. Als absolut galt allein die Zeit. Theoretisch wäre es daher nach damaliger Vorstellung durchaus möglich, einem Lichtstrahl hinterherzurasen und ihn einzuholen.

Einstein aber machte dem ein Ende. Er postulierte erstmals, dass nicht die Zeit, sondern die Lichtgeschwindigkeit absolut ist. Sie ist eine Naturkonstante und damit fundamentaler Teil des Kosmos. Es gibt im Universum nichts, was sich schneller bewegen kann als das Licht. Und gleichzeitig breitet sich Licht immer gleich schnell aus, egal ob ich mich beim Messen bewege oder nicht. Für die Zeit gilt dies dagegen nicht: Sie scheint für einen Beobachter umso langsamer zu vergehen, je schneller er selbst sich durch den Raum bewegt.

Gebremstes Licht

Wenn die Lichtgeschwindigkeit eine Naturkonstante ist, dann müsste sie eigentlich immer unverändert bleiben. Das Licht dürfte sich daher auch nicht abbremsen oder gar stoppen lassen. Normalerweise stimmt dies auch. Doch in den letzten Jahren ist es Physikern gelungen, diese Konstante durch spezielle Kristalle und raffinierte Experimente auszutricksen: Für wenige Sekunden und sogar bis zu einer Minute"froren" die Forscher auf diese Weise Lichtstrahlen ein.

Blick auf das Experiment zum Stoppen und Speichern von Lichtpulsen Blick auf das Experiment zum Stoppen und Speichern von Lichtpulsen

Als "Bremsklotz" dient den Physikern dabei meist ein bis auf wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlter Kristall aus dem Seltenerd-Element Praseodym. Dieser wird mit einem gespaltenen Laserstrahl beschossen, dessen zwei Teilstrahlen senkrecht aufeinander treffen. Der erste Teilstrahl dient als Bremse, er regt die Ionen im Kristallgitter an und verändert dadurch die Kristalleigenschaften. Der zweite Teilstrahl trifft nun auf dieses neue Medium aus Kristall und Laserlicht und wird darin stark verlangsamt.

„Licht, das in den Kristall eintritt, wird so weit abgebremst, dass es stillsteht und dort bleibt, bis wir es wieder gehen lassen“, erklärt Morgan Hedges von der Australian National University. „Wenn wir es dann wieder gehen lassen, bekommen wir alles wieder so heraus, wie es hineingekommen ist, akkurat bis auf das letzte Photon.“ Diese Experimente sind dabei weit mehr als physikalische Spielereien. Denn mit solchen Lichtfallen könnte sich künftig optische Informationen direkt speichern lassen, ohne sie wie bisher nötig, zuvor in elektronische oder magnetische Daten umzuwandeln.



Gekrümmt und abgelenkt
Die Wechselwirkung von Licht und Gravitation

Aber auch unter natürlichen Bedingungen ist Licht nicht völlig unbeeinflusst von seiner Umgebung: Es geht durchaus Wechselwirkungen mit Materie ein – wie wir im Alltag ständig beobachten können. So wird es beispielsweise an der Grenze zwischen zwei verschiedenen Materialien gebrochen oder reflektiert. Diesem Verhalten haben wir Himmelsphänomene wie den Regenbogen oder die bunte Korona um manche Wintermonde zu verdanken. Der blaue Himmel beweist zudem, dass Licht auch gestreut werden kann.

Die Krümmung der Raumzeit durch die Gravitation lenkt auch das Licht ab.

Schwerkraft und das gekrümmte Licht

Noch viel fundamentaler aber ist die Wirkung der Schwerkraft auf das Licht, die Albert Einstein schon 1915 in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie darlegte. Demnach bildet die Raumzeit eine Art Matrix für den gesamten Kosmos. Die Gravitation krümmt diese Raumzeit – bei massereichen Objekten mehr, bei leichteren wenigen. Diesem Gefälle im Gefüge des Universums muss auch das Licht folgen – es wird auf ein massereiches Objekt hingelenkt.

Den Beweis für diesen Effekt lieferte am 29. Mai 1919 eine Sonnenfinsternis. Forscher waren dafür eigens nach Westafrika gereist, denn die Verdunkelung der Sonne sollte nun endlich zeigen, ob Einstein tatsächlich Recht hatte. Stimmte seine Theorie, dann müsste die Schwerkraft der Sonne das Licht fern hinter ihr stehender Sterne ein wenig ablenken. Diese Ablenkung müsste sich darin zeigen, dass die scheinbare Position des Sterns am Himmel leicht gegenüber seiner normalen Position verschoben ist, wenn sein Licht direkt am Sonnenrand vorbeistrahlt.

Originalaufnahme der Sonnenfinsternis von 1919 von Arthur Eddington Originalaufnahme der Sonnenfinsternis von 1919 von Arthur Eddington

Und tatsächlich zeigten die während der Sonnenfinsternis belichteten Fotoplatten genau diese winzige Ablenkung. Diese Bestätigung von Einsteins Theorie war nicht nur in Physikerkreisen eine Sensation, sie machte ihn auch in der breiten Öffentlichkeit zu einem Popstar der Wissenschaft. So titelte die New York Times kurz darauf: "Lichter am Himmel alle schief - Einsteins Theorie triumphiert".

Kosmische Linsen

Dass Einsteins Theorie stimmt, lässt sich besonders gut an Gravitationslinsen beobachten – massereichen Galaxien, die das Licht ferner Himmelskörper beugen und verzerren - ähnlich wie eine Linse in optischen Instrumenten. Schon Einstein sagte voraus, dass solche Schwerkraft-Zentren das Licht des in einer Linie hinter ihnen liegenden Objekts so verzerrt und ablenkt, dass sich dessen Licht wie ein Ring um die Galaxie legt – der heute nach ihm benannte Einsteinring.

Ein fast vollständiger Einsteinring um die ferne Galaxie LRG 3-757

Ein vollkommener Einsteinring ist allerdings ein seltenes Phänomen, denn dafür müssen Galaxie, Hintergrundobjekt und Beobachtet genau auf einer Linie aufgereiht sein. Einen dieser seltenen Ringe entdeckten Astronomenim Oktober 2013 um eine Zwerggalaxie in 9,4 Milliarden Lichtjahren Entfernung. Diese Gravitationslinse ist damit nicht nur bisher entfernteste Objekt dieser Art, sie ist auch eines der wenigen Beispiele für eine perfekte Aufreihung.

Rückschlüsse über Dunkle Materie

Der von Einstein postulierte Linseneffekt ist heute längst ein wertvolles Werkzeug der Astronomie. Denn die Stärke der Linsenwirkung einer Galaxie verrät, welche Masse und damit Schwerkraft sie besitzt. Forscher können so auch ermitteln, welchen Anteil die nicht sichtbare Dunkle Materie an der Gesamtmasse einer solchen Galaxie hat. Vor wenigen Jahren gelang es damit sogar erstmals, die Verteilung der Dunklen Materie über große Bereiche des Himmels zu vermessen.

Außerdem aber wirkt eine solche Gravitationslinse wie ein natürliches Teleskop, weil sie die Lichtquelle im Hintergrund vergrößert und verstärkt. Dadurch lassen sich auch ferne Objekte noch untersuchen, für die die Auflösung normaler Teleskope nicht ausreicht.



Die Natur des Lichts
Wellen, Teilchen und Kristalle

Auch über die Natur des Lichts tappte man vor Einstein noch ziemlich im Dunkeln: Für Isaac Newton im 17. Jahrhundert war Licht nichts anderes als ein Stahl von winzigen, leuchtenden Teilchen, sein Zeitgenosse, der Astronom Christiaan Huygens, bezweifelte dies jedoch und ging seinerseits von einer Lichtwelle aus.

Thomas Young fertigte diese Zeichnung der Interferenz von Licht an. Thomas Young fertigte diese Zeichnung der Interferenz von Licht an.

Welle oder Teilchen?

Huygens' Ansicht setzte sich spätestens dann durch, als der Physiker Thomas Young um 1800 in einem heute klassischen Experiment bewies, dass sich Lichtstrahlen gleicher Wellenlänge je nach Phase gegenseitig verstärken oder sogar auslöschen können – eine Interferenz wie bei aufeinandertreffenden Wellen auf einem Teich. Seither galt es als bewiesen, dass Licht eine Welle sein müsse.

Aber auch mit dieser Vorstellung räumte Einstein auf. Die Erkenntnis kam ihm bei seiner Suche nach einer Erklärung für den photoelektischen Effekt, der Tatsache, dass ein energiereicher Lichtstrahl Elektronen aus einer Metalloberfläche herausschlagen kann. Im Jahr 1905 veröffentlichte er seine Schlüsse dazu. Er leitete her, dass das Licht keine reine Welle sein kann, sondern Wellen- und Teilchennatur in sich vereinen muss. Licht besteht demnach aus Photonen und verhält sich deshalb unter bestimmten Bedingungen wie ein Teilchenstrahl. Gleichzeitig aber breitet es sich aus wie eine Welle und schwingt auch so – ein bis heute schwer begreiflicher Dualismus.

Normales Laserlicht: Die einzelnen Photonen wechselwirken nicht miteinander.Normales Laserlicht: Die einzelnen Photonen wechselwirken nicht miteinander.

Moleküle aus Licht

Der gängigen Theorie nach sind die Photonen des Lichts strenge Einzelgänger: Sie besitzen keine Masse besitzen und beeinflussen sich auch nicht gegenseitig. Jedes von ihnen verhält sich im Lichtstrahl, als wäre es allein auf weiter Flur. Doch im September 2013 gelang es Physikern, auch diese scheinbare Gewissheit zu umgehen und das Licht gewissermaßen auszutricksen: "Wir haben ein Medium erzeugt, in dem Photonen miteinander so stark interagieren, dass sie beginnen sich zu verhalten, als wenn sie Masse besäßen. Und sie verbinden sich zu einer Art Molekülen", erklärt Mikhail Lukin von der Harvard University.

Das Licht in diesen photonisch gebundenen Zustand zu zwingen, gelang den Forschern in einer Vakuumkammer, in der sie eine Wolke aus Rubidiumatome bis auf wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt abkühlten. In diese Wolke feuerten sie mit einem Laser jeweils zwei einzelne Photonen gleichzeitig. Und das Erstaunliche geschah: Durch die Wechselwirkung mit den Gasatomen verhielten sich die beiden Lichtteilchen plötzlich wie ein Molekül: Sie schoben und zogen sich gegenseitig - ein für Lichtteilchen völlig untypischer Effekt.

Synchrone Wellen zeigen hier, dass sich die Photonen koordiniert wie ein einem Kristall verhalten. Synchrone Wellen zeigen hier, dass sich die Photonen koordiniert wie ein einem Kristall verhalten. 

Noch weiter gingen Physiker genau ein Jahr später, im September 2014: Sie brachten Licht dazu, zu kristallisieren. Die Photonen hielten sich gegenseitig fest und bildeten dabei eine Art Gitter. Die Lichtteilchen bilden dabei eine Art kollektives Verhalten aus, bei dem sie mal wie eine Flüssigkeit hin- und herschwappen, mal völlig einfrieren. "Das ist etwas, das wir noch nie zuvor gesehen haben – ein für Licht völlig neues Verhalten", sagt Andrew Houck von der Princeton University.

Auch diesen Effekt erreichten die Forscher, indem sie die Wechselwirkung des Lichts mit Materie ausnutzen. Mit Hilfe eines sogenannten Jaynes-Cummings Dimers brachten sie eine kleine Menge Photonen dazu, sich zwischen zwei Resonatoren hin und her zu bewegen. Unter bestimmen Bedingungen ließ sich dabei das "einfrieren" der Photonen zu einer Art Gitter beobachten. Nach Ansicht der Forscher bieten solche Manipulationen des Lichts die Chance, beispielsweise Materialien mit ganz neuen Eigenschaften zu entwickeln. Sie erlauben es aber auch, fundamentale Eigenschaften der Materie, von Atomen und Molekülen zu untersuchen.





Die Formel
Was Licht und Materie miteinander verbindet

  Albert Einstein vor seiner berühmten Formel E=mc2

Diese Formel kennt vermutlich fast jeder – auch diejenigen, die sich sonst nicht im Geringsten für Physik interessieren: E=mc2. Und auch sie hat sowohl mit Licht zu tun als auch mit Albert Einstein, der sie 1905 aufstellte. Was aber bedeutet sie? Im Prinzip beschreibt sie nicht weniger als das Verhältnis von Energie und Materie und liefert die theoretische Grundlage für die Annahme, dass sich Materie in Licht und umgekehrt auch Strahlung in Materie umwandeln lässt.

Heller als tausend Sonnen

Ersteres lässt sich an unserer Sonne nachvollziehen: In ihrem Inneren verschmelzen Wasserstoffkerne miteinander und geben dabei große Mengen an Strahlung ab. Diese Fusion erzeugt das Licht, ohne das es auf der Erde kein Leben gäbe. Gleichzeitig verliert die Sonne durch diese Strahlung ständig ein winziges Bisschen an Masse – dies ist aber so wenig, dass es sich von uns nicht nachweisen lässt.

Explosion einer Atombombe bei einem Kernwaffentest im Jahr 1948 
Explosion einer Atombombe bei einem Kernwaffentest im Jahr 1948

Deutlicher wird dies bei dem Phänomen der Radioaktivität, genauer bei einer Atomexplosion: Bei der Spaltung eines Urankerns wird die enorme Energie von 200 Millionen Elektronenvolt frei. Schon eine geringe Menge an spaltbarem Material reicht daher aus, um ganze Städte auszuradieren. Ob dabei aber tatsächlich Materie in Strahlung umgewandelt wurde, zeigt sich, wenn man anschließend alle Zerfallsprodukte des Urankerns einsammeln und wiegen würde: Die Teilchen sind hinterher etwas leichter als vorher – es fehlt ungefähr ein Fünftel der Masse eines Protons. Dieser Materieanteil wurde bei der explosiven Spaltung des Kerns in Energie umgewandelt.

Materie aus Licht – die Breit-Wheeler-Theorie

Aber wie sieht es mit dem Umgekehrten aus? Kann auch aus Licht Materie entstehen? Im Prinzip schon, wie die beiden Physiker Gregory Breit und John Wheeler bereits 1943 postulierten. Sie belegten anhand einer Gleichung, dass die Kollision zweier Photonen theoretisch ausreicht, um ein Elektron und ein Positron zu erzeugen – und damit Materieteilchen. Allerdings: Um eine solche Kollision herbeizuführen, benötigt man eine extrem hohe Dichte an Photonen – und die sind nur schwer experimentell zu erzeugen.

Materie aus Licht - theoretisch schon lange vorhergesagtMaterie aus Licht - theoretisch schon lange vorhergesagt

Eine Methode, mit der dies trotzdem gehen könnte, haben Oliver Pike und seine Kollegen vom Imperial College London im Mai 2014 vorgeschlagen. Das Überraschende daran: Benötigt werden dafür nur Technologien und Anlagen, die es schon gibt. Die Umsetzung wäre daher relativ einfach.

Benötigt wird ein extrem energiereicher Elektronenstrahl, wie er beispielweise in Synchrotronen erzeugt wird, der auf ein Goldstück geschossen wird. Die dabei entstehende Gammastrahlung wird in einen sogenannten Vakuum-Hohlraum geleitet – eine winzige Aushöhlung in einem weiteren Goldstück, die mit Photonen gefüllt ist. Dort kollidieren die Photonen des Strahls und des Feldes und erzeugen dabei im Idealfall jeweils Paare von Elektronen und Positronen. "Das Rennen darum, dieses Experiment erstmals durchzuführen, ist hiermit eröffnet!", so Pike.