Samstag, 3. Januar 2015

Das Talent zum Werkzeuggebrauch ist erblich.

aus derStandard.at, 26. Dezember 2014, 18:48

Wie geschickt Schimpansen Werkzeuge einsetzen, steckt in ihren Genen
US-Forscher beobachteten zwei Schimpansen-Gruppen in unterschiedlichen Zoos

Atlanta - Der Einsatz von Werkzeugen ist eine Fertigkeit, die Schimpansen vermutlich von Artgenossen lernen, sie dürfte also vor allem eine Kulturtechnik sein. Ob sich sich die Menschenaffen dabei geschickt oder eher tollpatschig anstellen, entscheiden dagegen ihre Gene, wie US-Wissenschafter nun bei Untersuchungen an in Gefangenschaft lebenden Schimpansen festgestellt haben.
Frühe soziale Erfahrungen, also etwa ob die Affen von der Mutter oder von Menschen aufgezogen worden waren, beeinflussten die Geschicklichkeit nicht maßgeblich. Viele Tiere benutzen Werkzeuge, aber Schimpansen sind darin besonders gut und flexibel. Sie fischen zum Beispiel mit dünnen Zweigen Termiten aus deren Bauten, knacken Nüsse mit Hilfe von Steinen oder benutzen Speere zur Jagd.
Zum Teil verfügen verschiedene Populationen, manchmal sogar benachbarte Gruppen, über individuelle Werkzeug-Kulturen mit eigenen Gebrauchsmethoden. Inwieweit die Fähigkeiten beim Erwerben und Benutzen von Werkzeugen erblich sind, sei bisher kaum untersucht, schreiben die Wissenschafter um William Hopkins von der Georgia State University in Atlanta (US-Staat Georgia).

Stochern nach Barbecue-Sauce

Sie beobachteten nun 243 Schimpansen, die in zwei Forschungszentren leben, bei einem Experiment. Die Tiere mussten mit einem kleinen Stäbchen in einem engen Loch herumstochern, um an eine Leckerei zu kommen - Barbecue-Sauce zum Beispiel oder Sirup. Die Forscher maßen, wie viel Zeit die Tiere dazu brauchten und welche Hand sie bei jedem ihrer 50 erfolgreichen Versuche benutzten. Einige der Schimpansen waren noch vor Mitte der 1970er-Jahre aus der Wildnis in die Forschungszentren gekommen. Die meisten waren dort geboren und entweder von der eigenen Mutter oder von einem Menschen aufgezogen worden. Die Verwandtschaftsverhältnisse der Tiere waren den Forschern bekannt. Die beiden Gruppen sind genetisch nicht verwandt.
Wie die Wissenschafter in den "Proceedings B" der britischen Royal Society berichten, stellten sie in beiden Populationen fest, dass sowohl die Geschicklichkeit als auch die Händigkeit (Bevorzugung einer Hand) der Tiere erblich ist. Sie vermuten, dass die gleichen Gene für beide Eigenschaften verantwortlich sind. Die Art der Aufzucht der Tiere beeinflusste die Geschicklichkeit hingegen nicht. Je älter die Schimpansen waren, desto länger brauchten sie für die Aufgabe, berichten die Forscher weiter. Und unter den Männchen waren mehr Linkshänder als unter den Weibchen.
Ob motorisches Geschick auch bei anderen Arten erblich ist, müssten weitere Untersuchungen zeigen, schreiben die Forscher. Die genetischen Voraussetzungen für den Werkzeug-Gebrauch waren vermutlich bereits bei dem letzten gemeinsamen Vorfahren von Schimpansen und Menschen vorhanden.

Moosschwammgebrauch schnell verbreitet

Kürzlich konnten Forscher erstmals in freier Wildbahn beobachten, wie Schimpansen voneinander lernen, neue Werkzeuge zu verwenden. Die Wissenschafter um Thibaud Gruber von der Universität Neuchatel in der Schweiz hatten Schimpansen im Budongo-Schutzgebiet im Nordwesten Ugandas beobachtet. Die Tiere nutzen Schwämme aus zerkauten Blättern, um Wasser aus Baumhöhlen zu holen. Ausgehend von dem dominanten Männchen der Gruppe breitete sich innerhalb weniger Tage eine neue Methode in der Gruppe aus, bei der das Wasser mit Moos-Schwämmen aufgenommen wird. Die Wissenschafter berichteten darüber im September diesen Jahres im Fachmagazin "PLOS Biology". (APA/red )

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