Dienstag, 18. März 2014

Gravitationswellen aus dem Ursprung.

Maren Beßler, pixelio.de
aus NZZ, 18. 3. 2014

Zuckungen des Urknalls
Astronomen weisen urzeitliche Gravitationswellen nach

von Christian Speicher 

Eine internationale Arbeitsgruppe hat am Montag den Nachweis von Gravitationswellen bekanntgegeben, die direkt vom Urknall stammen sollen. Die Fachwelt ist davon elektrisiert. 

An einer mit Spannung erwarteten Pressekonferenz an der Harvard University haben Astronomen am Montag Spektakuläres bekanntgegeben. Mit einem am Südpol stationierten Radioteleskop wollen sie Gravitationswellen nachgewiesen haben, die direkt vom Urknall herrühren. Sollte sich das als richtig herausstellen, wäre damit bestätigt, dass das Universum unmittelbar nach dem Urknall eine Phase durchlaufen hat, in der es sich «inflationär» ausdehnte. Dafür gab es bisher zwar Anhaltspunkte, aber noch keinen schlagenden Beweis. 

Aufgeblähte Fluktuationen 

Den Fingerabdruck der Gravitationswellen fanden die Forscher der Bicep-Arbeitsgruppe in der kosmischen Hintergrundstrahlung. Dabei handelt es sich um eine gleichmässig über den Himmel verschmierte Strahlung, die etwa 400 000 Jahre nach dem Urknall freigesetzt wurde. Wie in den letzten Jahren festgestellt wurde, weist diese Strahlung winzige Temperaturunterschiede auf. Man nimmt an, dass diese Unterschiede von Quantenfluktuationen herrühren, die durch die Inflation aufgeblasen wurden.

Das sollte aber nicht der einzige Fingerabdruck sein, den die Inflation in der kosmischen Hintergrundstrahlung hinterlassen hat. Als «Smoking Gun» gelten Gravitationswellen, die ebenfalls während der kurzen Inflationsphase erzeugt wurden. Direkt nachweisbar sind diese Gravitationswellen heute nicht mehr. In der kosmischen Hintergrundstrahlung sollten sie jedoch Spuren hinterlassen haben, und zwar in Form eines bestimmten Polarisationsmusters. Nach diesem Muster, den sogenannten B-Moden, wird seit längerem gesucht - bis jetzt jedoch ohne Erfolg. Ein anderes Experiment hatte zwar vor kurzem erstmals den Nachweis von B-Moden in der Hintergrundstrahlung verkündet. Diese rührten jedoch nachweislich von einem anderen Effekt her. 

Ein starkes Signal 

Den Forschern der Bicep-Arbeitsgruppe scheint nun gelungen zu sein, woran andere bisher gescheitert waren. Nach einer sorgfältigen Analyse ihrer Daten fanden sie ein Signal, das um einiges stärker war, als es viele Kosmologen für möglich gehalten hatten. Dass dieses Signal durch Staubpartikel in der Milchstrasse oder durch andere systematische Effekte vorgetäuscht wird, halten die Forscher nach einer statistischen Analyse für höchst unwahrscheinlich.

Und was sagen andere Forscher zu der Arbeit? Wenn sich die Analyse als richtig herausstelle, sei den Forschern der Nobelpreis sicher, sagt Ruth Durrer von der Universität Genf. Dafür führt sie mehrere Gründe an. Mit dem Nachweis von primordialen Gravitationswellen wäre zum einen erwiesen, dass auch das Gravitationsfeld ein Feld ist, das mit der Quantentheorie beschrieben werden muss. Zum anderen liefere die Messung erstmals einen Wert für die Energieskala, auf der sich die Inflation abgespielt habe. Diese Skala sei sehr gross und nicht annähernd mit den Energien zu vergleichen, die mit heutigen Teilchenbeschleunigern erreicht würden.

Die Grösse dieser Energieskala gibt Durrer allerdings auch zu denken. Das Ergebnis sei nicht ohne weiteres mit der Grenze zu vereinbaren, die kürzlich aus den Messungen des europäischen Planck-Satelliten abgeleitet worden sei. Von einem Widerspruch möchte Durrer nicht sprechen, es bestehe aber eine gewisse Spannung zwischen den beiden Experimenten. Durrer hofft, dass die Befunde der Bicep-Arbeitsgruppe bald durch andere Experimente bestätigt werden können. Die Aussichten dafür seien gut. Denn ein derart starkes Signal in der kosmischen Hintergrundstrahlung sollten auch andere Experimente sichtbar machen können.

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