Freitag, 28. März 2014

Die Krähe und das Kausalprinzip.

Äsop, Krähe
aus Die Presse, Wien, 27.03.2014

Äsops Fabel von der Krähe und dem Krug ist nicht nur Fabel
In Fragen der Kausalität können Krähen es mit Kindern aufnehmen.

„Es war im heißesten Monat des Sommers, da irrte eine durstige Krähe einen Tag lang umher auf der Suche nach Wasser.“ So beginnt eine der Fabeln des Äsop – er lebte etwa 600 v. Chr. in Griechenland –, er macht der Krähe endlich Hoffnung, sie findet einen Krug mit etwas Wasser, aber sie erreicht es nicht, der Hals des Krugs ist zu eng. Da wirft sie Steine hinein, bis das Wasser hoch genug steht. „Ausdauer und Verstand führen immer ans Ziel“, schließt Äsop, seine Geschichten dienten der Belehrung, mit Beobachtungen hatten sie oft nichts zu tun.

Aber vielleicht hat er wirklich eine Krähe Steine in einen Krug werfen sehen. Denn sie kann es, zumindest die Neukaledonienkrähe, die ist klug, sie kann etwa Werkzeuge herstellen: Drähte so biegen, dass sie Futter angeln kann. Und nun hat sie sich auch in „Aesop's fable paradigm“ bewährt. In diesem Experiment stehen Glasröhrchen, in ihnen ist unten etwas – ein wenig Wasser oder Sand –, auf dem schwimmt bzw. liegt Futter, ein Wurm. Daneben liegen Steine und andere Objekte. Die Krähen wählen mit Bedacht, das hat Russel Gray (Auckland) gezeigt (PLoS One, 26. 3.): Im ersten Experiment gab es kleine und große Steine, die Krähen nahmen die großen; im zweiten waren zwei Glasröhrchen, im einen Wasser, im anderen Sand, den versuchten die Krähen erst gar nicht zu heben. Im dritten gab es verschiedene Objekte zum Hineinwerfen, schwimmende und nicht schwimmende, auf Erstere verzichteten die Krähen.


So weit, so klug, der Rest ging über die Grenzen der Krähen: Wenn eine enge und eine weite Röhre da waren und in der weiten der Wasserstand höher war, aber doch mehr Steine gebraucht wurden, dann wählten die Krähen falsch. Und wenn drei Röhren da waren, eine ganz enge, in der der Wurm war, in die man aber nichts werfen konnte, und rechts und links zwei weitere, von denen die eine am Fuß unsichtbar mit der mit dem Wurm verbunden war, versagte die Krähenintelligenz auch (PLoS One, 26. 3.). „Unsere Resultate zeigen, das die Krähen ein gehobenes, aber unvollständiges Verstehen der kausalen Eigenarten der Wasserverdrängung haben“, schließt Gray: „Sie können es damit mit fünf- bis siebenjährigen Kindern aufnehmen.“ (jl)

Nota.

Nicht das Kausalprinzip hat die Krähe begriffen, sondern deren naturgeschichtliche Urform verstanden, den "pragmatischen Syllogismus", wie Aristoteles ihn nannte: Wenn du willst, dass dies und das geschicht, dann musst du dies und jenes tun.
JE


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