Freitag, 7. März 2014

Des Benutzers Oberfläche.

 
aus Der Standard, Wien, 8. 3. 2014                                                   CFalk  / pixelio.de  

Einfache Fragen bitte nicht googeln!

Der Einfluss des Internets auf das Gehirn oder: Warum Multitasking schlecht ist und man sich trotz allem ein paar Dinge merken sollte

von Alois Pumhösel

"Der Begriff Multitasking bezeichnet die Fähigkeit eines Betriebssystems, mehrere Aufgaben nebenläufig auszuführen", erklärt Wikipedia. Eine Arbeitsweise, die die Rechenmaschinen auch ihren Benutzern aufzwingen. Der stetige Wechsel zwischen Mails und Browserfenstern und die einhergehende Aufsplittung der Konzentration hat aber auch ihren Preis.

"Unser Gehirn hat ein vergleichsweise kleines Arbeitsgedächtnis", sagt der Neurobiologe Martin Korte von der TU Braunschweig im STANDARD-Gespräch. "Es dient als Portal für die Informationsflut unserer Umwelt, das nur einlässt, was zwischengespeichert werden kann."

Füllt man das Arbeitsgedächtnis nun mit Informationen zu mehreren gleichzeitig ablaufenden Tätigkeiten, wird für jede davon ein eigener Teil des vorhandenen Speicherplatzes reserviert. Das geht auf Kosten der Qualität: "Man erreicht bei vielen gleichzeitig ablaufenden Aufgaben nicht die gleiche kognitive Tiefe wie bei einer Aufgabe", sagt Korte.

Neben der eigentlichen Arbeit noch das Mailprogramm zu überwachen oder eintreffende Nachrichten am Mobiltelefon zu checken, bedeutet, dass "mehrere neuronale Orchester parallel funktionieren müssen". Zudem bewerte das Gehirn solche Vorgänge als Stress, denn es muss die Reize fortwährend den verschiedenen Tätigkeiten zuordnen. Und Stress schwächt den Körper.

Eine weitere Frage ist, wie sich die Arbeitsweise des Gehirns durch das jederzeit abrufbare Wissen im World Wide Web verändert. "Wir haben Probanden, die mit Smartphone und Computer sozialisiert wurden, Wissensfragen gestellt, während sie in einem Kernspintomografen lagen", erzählt Korte. Es zeigte sich, dass dabei zuerst analytische Fähigkeiten im Gehirn aktiviert wurden. 

"Sie überlegten, wie sie es googeln könnten, überprüften aber nicht, ob die richtige Antwort im Gehirn gespeichert sei." Eine Adaption an die Lebenswelt, die bedenklich sei, wenn sie auch bei einfachsten Fragen zur Anwendung kommt: Wenn man selbst nichts mehr weiß, ist es schwierig, Neues einzuschätzen. Und wenn die kritische Distanz zum eigenen Wissen fehlt, maßt man sich schnell falsches Expertentum an - eine typische Erscheinung der Netzforen.

Der stetige Umgang mit Computer und Web trainiert spezielle Fähigkeiten. Neben dem analytischen Vermögen sei das vor allem die visuelle Intelligenz, sagt Korte. Dass die Veränderungen im Gehirn auch klar messbar sind, sei nicht überraschend: "Wann immer wir etwas intensiv lernen, werden sich auch die Verschaltungen im Gehirn verändern." 


Nota.

Mit andern Worten - das Internet nährt, und bei zuvor eigentlich recht gebildeten Nutzern schafft es überhaupt erst die Illusion, der Zugriff auf Milliarden von Informationspartikeln sei virtuell schon fast so etwas wie Wissen: Man bräuchte die Teilchen nur noch zu verlinken, dann verfüge man über das Wissen der Welt. Die Mühe, das Gewusste nach oben und unten, zentral und peripher, groß und klein architektonisch einander zuzuordnen - zuerwst nämlich im eigenen Gedächtnisarchiv -,  entfällt: Das besorgt scheinbar apriori schon die Maschine, und es springt nicht einmal mehr die Aufgabe ins Auge. Die digital-virtuelle Sorte von Unbildung ist schlimmer als die herkömmliche real-analoge, denn fehlende Kenntnisse konnte man zur Not mit Gewalt einbläuen. Aber die Bereitschaft zum Denken nicht; die Piratenpartei ist daran zugrunde gegangen,
JE 


 

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