Donnerstag, 14. November 2013

Die Hundwerdung des Wolfs.

aus Der Standard, Wien, 15.11.2013

Der Hund dürfte aus Europa stammen
Wie, wann und wo wurde der Wolf zum Hund? Genetiker warten nach DNA-Analysen mit einer neuen Antwort auf: Die Hunde-Werdung begann vor 19.000 bis 32.000 Jahren in Europa. 

von Klaus Taschwer,

Washington/Wien - Konrad Lorenz' Klassiker So kam der Mensch auf den Hund aus dem Jahr 1950 ist immer noch ein lesenswertes Hundebuch, auch wenn einiges darin nicht mehr ganz stimmt. So etwa ist mittlerweile klar, dass der Wolf der einzige Vorfahr des Hundes war und - anders als Lorenz dachte - der Schakal im Stammbaum des Hundes keine Rolle spielt.

Unklar ist freilich immer noch, wie und wann der Mensch wirklich auf den Hund kam - und wo das passierte. In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Theorien diskutiert. Besonders einflussreich war die vom Genetiker Peter Savolainen bereits 2002 aufgestellte Behauptung, dass der genetische Ursprung des Hundes in Ostasien liegen dürfte, wo die Domestizierung vor rund 15.000 Jahren passiert sei.

Ein Team um Olaf Thalmann von der finnischen Universität Turku kommt nun allerdings auf Grundlage umfangreicher DNA-Analysen sowohl von heute lebenden Wölfen und Hunden wie auch von 18 zum Teil schon sehr alten Hunde- und Wolfsknochen aus (fast) aller Welt zu einem anderen Ergebnis: Die Genetiker behaupten in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts "Science" nämlich, dass alle heute lebenden Hunde von europäischen Vorfahren abstammen.

Mit anderen Worten: Der Wolf wurde zuerst in Europa zum besten Freund des Menschen. Eine Beziehung zu Wölfen außerhalb Europas sei hingegen nur entfernt vorhanden, schreiben Thalmann und seine Kollegen, die allerdings keine prähistorischen Knochen aus Asien analysierten.

Zudem versuchten die Genetiker in ihrer neuen Studie den Zeitpunkt der Domestizierung zu bestimmen und kamen auf einen Beginn vor etwa 19.000 bis 32.000 Jahren. Das war zu einer Zeit, als Europa von Jägern und Sammlern bevölkert war und noch keine Landwirtschaft betrieben wurde. Entsprechend dürfte die Domestizierung damit begonnen haben, dass die Wölfe den jagenden Menschen auf der Suche nach Aas und Nahrungsresten folgten, so die Forscher.

Verhaltensbiologe und Wolf-Experte Kurt Kotrschal ist auf Nachfrage des Standard von den neuen Thesen nicht restlos überzeugt. Für ihn würden sich die neuen Erkenntnisse gut mit jenen Befunden ergänzen, die auf eine multilokale Entstehung des Hundes in verschiedenen Regionen von Europa bis Asien hindeuten.

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