Montag, 18. August 2014

Kein Äther, aber auch kein Vakuum.

Der Aerogel-Detektor bei der Analyse unter dem Mikroskop.
 nzz.ch, 14. August 2014, 20:01                                                  Der Aerogel-Detektor bei der Analyse unter dem Mikroskop.

Die Raumsonde «Stardust» hat interstellaren Staub eingefangen
Sieben Körnchen Sternenstaub


Üppig ist die Ernte im Orbit nicht ausgefallen: Gerade einmal sieben Körnchen interstellare Materie konnten die Wissenschafter auf den Kollektoren der Raumsonde «Stardust» identifizieren. Die Sonde der Nasa war 1999 gestartet, ausgestattet mit einem hochempfindlichen Staubfänger für jene mikroskopisch kleinen Partikel, die in dünnen Wolken zwischen Sternen und Planeten den Kosmos bevölkern. 2006 kehrte der «Stardust»-Kollektor zur Erde zurück, seither wird er einer peniblen Analyse unterzogen. In der jüngsten Ausgabe von «Science» beschreiben die beteiligten Wissenschafter nun die bisher mit «Stardust» identifizierten interstellaren Materiekörnchen.1 Es ist das erste Mal, dass Staubteilchen von ausserhalb des Sonnensystems auf der Erde untersucht wurden.

Kein Körnchen wie das andere

Die eingefangenen Partikel unterscheiden sich stark hinsichtlich ihrer Grösse, der chemischen Zusammensetzung und ihrer Struktur. Sowohl kristalline als auch amorphe Teilchen wurden gefunden. Eines der Staubkörner ist auffallend länglich geformt – das passt zu der Vermutung, dass interstellarer Staub die Polarisationsrichtung von Licht, das uns aus dem Weltraum erreicht, drehen kann. Untersuchungen mit Synchrotronstrahlung ergaben, dass einige der Staubteilchen Silikate enthalten; bei zweien fanden die Wissenschafter einen Kern aus dem Mineral Olivin, der von einem amorphen Mantel umgeben war.

Die rare Fracht erreichte die Erde dank einer speziellen Sammelvorrichtung an Bord der Raumsonde «Stardust». Die Wissenschafter bestückten dazu eine runde Platte, etwa so gross wie ein Tennisschläger, mit Klötzen aus Aerogel – einem feinen, extrem leichten Schaum aus Glas. Auftreffende Staubkörnchen wurden darin sanft gestoppt und blieben so den irdischen Wissenschaftern bis zur Untersuchung im Labor erhalten. Aus der «Bremsspur» im Aerogel können die Wissenschafter ausserdem Rückschlüsse auf die Flugrichtung der Partikel ziehen. Die ermittelte Flugrichtung erlaubt es auch, zwischen interplanetaren Staubteilchen (die zu unserem Planetensystem gehören) und interstellaren Staubteilchen (von ausserhalb des Sonnensystems) zu unterscheiden.


Die Raumsonde
Die Raumsonde "Stardust" in einer künstlerischen Darstellung. Nach oben ragt der runde Staubkollektor aus Aerogel.
Auch die Zwischenräume zwischen den Aerogelklötzen blieben nicht ungenutzt: Die dort angebrachte Alufolie untersuchten die Wissenschafter nach der Rückkehr des Kollektors zur Erde auf Einschlagskrater. Tatsächlich wurden vier der sieben gerade in «Science» beschriebenen Partikel nicht anhand ihrer Spuren im Aerogel, sondern anhand winziger Einschlagkrater in der Alufolie identifiziert.

30 714 freiwillige Helfer

Bei der Analyse des Aerogel-Detektors halfen über 30 000 Freiwillige mit, die über das Webportal «Stardust@home» digitalisierte Mikroskopaufnahmen der Aerogelblöcke nach den Spuren von Staubteilchen durchkämmten. Denn die Suche nach den winzigen, im Aerogel eingeschlossenen Staubkörnchen gleicht der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Selbst die grössten der Partikel messen nur wenige tausendstel Millimeter.

Diese Untersuchung ist denn auch noch nicht abgeschlossen. Etwas über 60 Prozent des Kollektors habe man inzwischen durchgesehen, teilt Andrew Westphal von der University of California in Berkeley mit, Hauptautor der jüngsten «Science»-Studie. Es könnte also gut sein, dass in den verbleibenden Aerogelschichten noch das eine oder andere interstellare Staubteilchen mehr gefunden wird.


Nota.

Mit der Einführung der Gravitation als Naturgesetz hatte Newton die Sicht der Welt revolutioniert: Sie konnte seither als entstanden und musste nicht länger als erschaffen gedacht werden.

Doch da war ein Haken. War die Gravitation eine Kraft, dann bedurfte sie, um übertragen zu werden, eines Mediums. Doch offenkundig waren die Räume zwischen den Gestirnen leer. Also mussten sie spekulativ angefüllt werden. Newton postulierte anstelle des Vakuums einen verborgenen Stoff namens Äther, der zu fein wäre, um von uns gemessen zu werden. 

Doch auch die stets feineren Instrumente konnten keinen Äther messen, und so blieb er der Schamfleck des Newton'schen Weltbilds.

Und jetzt wissen wir, dass die Zwischenräume im All nicht leer sind.

*

Die Begriffe mögen unsauber sein, aber auf sie kommt es nicht an, sondern auf die Vorstellungen, die sie schlecht und recht fassen sollten. Der durch die mehr oder minder dichte Materie mehr oder minder gekrümmte Raum ist selber die "Kraft", die in ihm wirken sollte. Ein wirklich leerer Raum wäre 'ungekrümmt' und wäre kein Raum.* Newtons Vorstellung war im Großen richtig; manche Begriffe, in denen er sie notdürftig darstellte, waren nicht ganz passend. Aber darauf kommt es nicht an, wenn das, was dargestellt wird, stimmt. Die Begriffe werden sich irgendwann schon finden.
JE

*) Man kann es auch so sagen: 'Nichts' gibt es nicht. 


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