Dienstag, 15. Dezember 2015

Algorithmen und Naturvorgänge.


V. I. Surikov Tanz um das goldene Kalb
aus derStandard.at, 12. Dezember 2015, 17:4

Evolutionäre Prozesse ahmen Aspekte der Informatik nach 
Unterschiedliche Komplexitätsklassen: Nicht jeder Vorgang ist mit einer einfachen Formel lösbar 

Klosterneuburg – In der Informatik werden Probleme, die sich durch Handlungsvorschriften, also algorith-misch, lösen lassen, in Komplexitätsklassen eingeteilt. Über unerwartete Verbindungen zwischen diesem Informatikgebiet und der Biologie berichten Forscher des Institute of Science and Technology (IST) Austria im Fachjournal PNAS. Sie können damit für biologische Fragen klären, ob sie effizient berechenbar sind. Im Informatik-Teilgebiet der "Komplexitätstheorie" werden Probleme in Komplexitätsklassen zusammen-gefasst, die einen bestimmten Aufwand von Ressourcen haben, etwa Berechnungsschritte oder Speicher-platz. 

Rasmus Ibsen-Jensen und Krishnendu Chatterjee vom IST in Klosterneuburg haben gemeinsam mit dem österreichischen Biomathematiker Martin A. Nowak von der Harvard Universität mittels dieser klar defi-nierten Komplexitätsklassen einige fundamentale Fragen der theoretischen Biologie untersucht, konkret die ökologische und evolutionäre Dynamik innerhalb von strukturierten Populationen. 

Formeln und Algorithmen 

Sie konnten dabei diese Fragen exakten Komplexitätsklassen zuordnen und damit mit Sicherheit sagen, ob sie mittels Algorithmen lösbar sind. Es scheint ganz so, als "würden die evolutionären Prozesse Aspekte der Informatik nachahmen", berichten die Forscher in einer Aussendung des IST. Dem entsprechend emp-fehlen sie, "dass sich die Forschung zu bestimmten Fragestellungen in der ökologischen und evolutionären Dynamik auf jene Aspekte fokussieren sollte, die rechnerisch mit einer einfachen Formel lösbar sind". So konnten sie zeigen, dass etwa die Fragen, wie man die Wahrscheinlichkeit dafür bestimmen, dass sich eine neue genetische Mutation in einer Population durchsetzt, nicht mit einer einfachen Formel lösbar sind. 

Auch die Frage, ob eine invasive Art eine ökologische Nische erobert, lässt sich nicht mit einem Algorith-mus effizient lösen. Dagegen stellten sie fest, dass es für zwei Fragestellungen effiziente Lösungen zur Be-rechnung geben muss: Zum einen für die "Molekulare Uhr", einer Methode, bei welcher der Zeitpunkt der Aufspaltung zweier Arten von einem gemeinsamen Vorfahren abgeschätzt wird. Und zum anderen die Fi-xierungswahrscheinlichkeit, also die Chance einer genetischen Variation, sich in einer gut durchmischten Population durchzusetzen. (APA

Abstract PNAS: "Computational complexity of ecological and evolutionary spatial dynamics"


Nota. - Das ist natürlich ein Witz: 'Naturvorgänge ahmen Algorithmen nach'; will ich doch hoffen! Wenn dadurch bewusster würde, dass in den theoretischen Sätzen der pp. exakten Wissenschaften nur einge-fangen ist, was der Forschungspraxis zugänglich geworden ist, wäre es ein Sieg der kritischen über die dogmatische Auffassung der Wissenschaft. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein: Statt der Begriffe werden nunmehr die Algorithmen zu den unhintergehbaren Wesenheiten der unerschütterlichen Realisten. Der Berliner sagt: Da stehste machtlos vis-à-vis.
JE


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