Dienstag, 25. November 2014

Get me off Your Mailng List.

aus derStandard.at, 24. November 2014, 15:26

Wie "Get me off Your Fucking Mailing List" zum "Fachartikel" wurde
Magazin akzeptiert einen Anti-Spam-Brief, der nur aus einem einzigen Satz besteht, als "exzellent" 

Der Begriff "Predatory open access publishing" bezeichnet im Englischen ein unseriöses Geschäftsmodell, in dem vermeintliche Fachjournale - gegen eine Gebühr für den Autor, versteht sich - Artikel veröffentlichen, ohne diese dem branchenüblichen Peer-Review-Verfahren zu unterziehen. Das weitgehende bis vollständige Fehlen von Kontrolle kann im Extremfall dazu führen, dass auch vollkommener Nonsens veröffentlicht wird. Über ein besonders schönes Beispiel dafür berichtet der Blog io9.com.

Die Form gewahrt

Ein Merkmal solcher Journale ist, dass sie aggressiv Werbung betreiben und ihre erhoffte Akademiker-Kundschaft mit der Aufforderung, bei ihnen zu publizieren, zuspammen. Selbiges tun auch Konferenzen der weniger seriösen Art, und der Einladung zu einer solchen Konferenz antworteten im Jahr 2005 die beiden US-Computerwissenschafter David Mazières und Eddie Kohler in origineller Weise:

Sie verfassten ein"Paper", das formal absolut korrekt gegliedert ist, aber nur aus einem einzigen Satz in vielfacher Wiederholung besteht: "Get me off Your Fucking Mailing List", dazwischen eingestreut ein einsames "Introduction" und ein "Summary". Sogar zwei Infografiken sind enthalten, genauer gesagt grafische Umsetzungen der Worte - erraten - "Get me off Your Fucking Mailing List".
grafik: mazières und kohler

Vor Kurzem hat dieser Anti-Spam-Brief ein unerwartetes zweites Leben verliehen bekommen und es mittlerweile nicht nur in die Schlagzeilen, sondern sogar schon zu einem eigenen Wikipedia-Eintrag gebracht. Der australische IT-Wissenschafter Peter Vamplew erinnerte sich nämlich an den Brief von Mazières und Kohler, als er vom Pseudo-Fachmagazin "International Journal of Advanced Computer Technology" angemailt wurde. Er leitete den Text ohne weiteren Kommentar an das Journal weiter und dachte sich, man würde dort seine Botschaft schon verstehen.
Womit er nicht gerechnet hatte, war die Antwort: Der Text wurde vom "International Journal of Advanced Computer Technology" als Artikel akzeptiert. Er wäre sogar veröffentlicht worden, hätte Vamplew die geforderte Gebühr bezahlt.
Und wer sagt, dass es bei diesen Journalen keine Peer Review gäbe? Jeffrey Beall von der Universität Colorado, ein bekannter Kritiker unseriöser Open-Access-Journale, veröffentlichte auf "Scholarly Open Access" das Antwortschreiben des Journals. Darin wurde dem Paper von einem nicht genannten "Experten" bescheinigt, dass es sich "exzellent" zur Veröffentlichung eigne ...
(jdo)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen