Freitag, 16. August 2013

Das Klima und der Niedergang antiker Reiche.

aus scinexx                                                                                                                                           Mykene, Löwentor


Klima brachte Hochkulturen am Mittelmeer zu Fall


Eine 300 Jahre dauernde Trockenperiode löste den Niedergang bronzezeitlicher Zivilisationen aus 

Vor rund 3.200 Jahren verschwanden plötzlich viele bronzezeitliche Hochkulturen am Mittelmeer oder erlebten eine Phase der Unruhen und des Niedergangs. Warum, war bisher unklar. Jetzt hat ein belgisch-französisches Forscherteam den Schuldigen ausgemacht: das Klima. Eine 300 Jahre andauernde Trockenperiode setzte Mykene, den Hethitern und den Ägyptern stark zu und machte sie dann zu einer leichten Beute für räuberische Nomadentrupps aus dem Osten, so die Forscher im Fachmagazin "PloS ONE".

Bis etwa 1200 vor Christus bildete das östliche Mittelmeer eines der Zentren der menschlichen Zivilisation. An seinen Ufern lagen einige der damals fortgeschrittensten Kulturen: In der Ägäis herrschten die Mykener mit ihrem ausgedehnten Netz von Städten. Im Südosten hatten die Hethiter ein großes Reich geschaffen das den Großteil Anatoliens umfasste, dazu den Nordwesten Syriens und den Westen Mesopotamiens. In der Levante profitierten die Küstenstädte Kanaans vom reichen Seehandel und in Ägypten erreichte das Neue Reich seine Blütezeit unter Ramses dem II.

Doch all das fand vor rund 3.200 Jahren ein Ende, die großen Reiche schrumpften, einige zerbrachen und verschwanden dann schließlich ganz. Die Ursache für diese spätbronzezeitliche Krise ist bisher unklar. "Man hat verschiedene, sich teilweise widersprechende Erklärungen vorgebracht, was an diesem Niedergang schuld sein könnte", erklären David Kaniewski von der Universität von Toulouse und seine Kollegen. Darunter seien Naturkatastrophen wie Tsunamis und Erdbeben, soziale und politische Unruhen oder technologische Innovationen konkurrierender Völker.

Rätsel der marodierenden "Seevölker"

Den Todesstoß erhielten die bereits schwächelnden Kulturen dann offenbar durch ungebetene Einwanderer. Davon berichten unter anderem schriftliche Überlieferungen aus Syrien und Ägypten. Demnach tauchten damals sogenannte Seevölker in den Küstengebieten auf. Diese nomadischen Räuberhorden überfielen Städte und Handelskarawanen und plünderten Siedlungen. "Wir wissen noch immer nicht genau, wer diese Seevölker waren und woher sie kamen", erklären die Forscher. Auch warum sie damals so hartnäckig attackierten und wohin sie nach dieser Phase der Raubzüge dann plötzlich verschwanden sei unklar.

Seeschlacht im Nildelta zwischen den Streitkräften von Ramses III. und den „Seevölkern“. Umzeichnung eines Wandreliefs im Tempel von Medinet Habu.

Jüngste Studien deuteten aber darauf hin, dass diese Invasion nicht die Hauptursache für den Niedergang der Mittelmeer-Kulturen gewesen sein können. Die Seevölker profitierten aber vom bereits geschwächten und destabilisierten Zustand dieser Reiche. Stattdessen könnten beide Prozesse - der Niedergang der Mittelmeer-Kulturen und die Ankunft der Seevölker - möglicherweise auf eine gemeinsame Ursache zurückgehen - beispielsweise einen Wandel der Klima- und Umweltbedingungen.

Von der Hafenbucht zum Salzsee

Nach Belegen für diese Hypothese haben Kaniewski und seine Kollegen in ihrer Studie gesucht. Dafür untersuchten sie Sedimentbohrkerne, die aus dem Grund eines Salzsees nahe Hala Sultan Tekke auf Zypern gewonnen wurden. Die Forscher analysierten im Sediment erhaltene fossile Pollen aus der Zeit von vor und nach der spätbronzezeitlichen Krise - und konnten so über die Vegetation zu diesen Zeiten Rückschlüsse auf das Klima ziehen. Diese Daten verglichen sie mit denen von weiteren Bohrkernen aus dem Küstengebiet Syriens. Auf Basis dieser Daten rekonstruierten die Wissenschaftler das Klima zur späten Bronzezeit - und seine Veränderungen.

mykenische Keramik
Die Auswertungen ergaben, dass kurz vor dem Niedergang der Mittelmeer-Kulturen tatsächlich ein Klimawandel stattfand - gut abzulesen an der Entwicklung des heutigen Salzsees auf Zypern. 1600 bis 1350 vor Christus lag an dieser Stelle noch eine flache Bucht mit direktem Zugang zum Meer. Angrenzende Orte dienten als Häfen und profitierten vom Seehandel dieser Zeit. Dann bahnte sich eine Wende an: Das Klima wurde trockener und die Bucht verwandelte sich in eine vom Meer abgetrennten Lagune, wie die Forscher berichten. Gleichzeitig veränderte sich auch die Vegetation im Küstenbereich: Aus Wald wurde nach und nach eine Trockensteppe, wie die Pollenanalysen ergaben. Ähnliche Anzeichen für ein immer trockeneres Klima fanden die Forscher auch in Syrien.

Trockenperiode als Hauptauslöser

"Unsere kombinierten Daten zeigen, dass die spätbronzezeitliche Kriese mit einer rund 300 Jahre lang anhaltenden Trockenperiode zusammenfiel", konstatieren die Forscher. Dieser Klimawandel habe Ernteausfälle, Hunger und Armut verursache, die wiederum sozio-ökonomische Krisen verstärkten und vorantrieben. Gleichzeitig könnte das sich verändernde Klima auch Einwanderer aus angrenzenden Gebieten in den Mittelmeer-Raum gebracht haben - darunter auch die berüchtigten Seevölker. 


Nach Ansicht der Forscher war daher das Klima definitiv die treibende Kraft und der Hauptauslöser für den Niedergang der Mittelmeer-Kulturen. Da ihr Wohlstand zum großen Teil auf intensiver Landwirtschaft basierte, seien sie gegenüber einer Trockenperiode besonders anfällig gewesen. Als die Dürren sich häuften, verloren ihre Gesellschaften ihre Stabilität. (PLoS ONE 2013; doi: 10.1371/journal.pone.0071004)


aus derStandard.at, 17. 8. 2013

Bronzezeitliche Zivilisationen dürften nach Klimaänderung niedergegangen sein 

Massiver Einschnitt vor rund 3.200 Jahren betraf den gesamten östlichen Mittelmeerraum 

Toulouse - Eine sprunghafte Klimaänderung könnte vor rund 3.200 Jahren maßgeblich zum Niedergang von Zivilisationen im östlichen Mittelmeerraum beigetragen haben. Ein Forscherteam entdeckte in fossilem Blütenstaub Hinweise auf eine rund 300 Jahre andauernde Dürreperiode in der Region. Betroffen davon war eine ganze Reihe Königreiche im heutigen Ägypten, Griechenland, Zypern, Syrien, Israel und der Türkei.

Ruinen einer Palastanlage auf Salamis 

Die Wissenschafter um David Kaniewski von der Universität Paul Sabatier in Toulouse vermuten, dass diese Trockenheit und die daraus resultierenden Missernten einschneidende politische und wirtschaftliche Krisen sowie Kriege und Völkerwanderungen während der späten Bronzezeit verursachte. Die Ergebnisse wurden in "PLoS One" veröffentlicht. 

Die Belege

Seine jüngsten Forschungsergebnisse stützt Kaniewski auf Proben von Gesteinsablagerungen aus einem uralten Salzsee im Süden der Mittelmeerinsel Zypern. Darin fand der Forscher Hinweise auf eine Trockenperiode, die in der Region vor etwa 3.200 Jahren eingesetzt hatte, also zum Ende der Bronzezeit. Festmachen konnte er dies an beobachteten Veränderungen von Kohlenstoffisotopen und Pflanzenpartikeln.

Andere Wissenschafter hatten bereits herausgefunden, dass in dem Zeitraum die Temperatur an der Meeresoberfläche in der Region rapide gesunken war. Gleichzeitig kühlte sich das Klima um etwa zwei Grad Celsius ab. Wie es zu dem Temperaturabfall kam, ist allerdings weiter offen. Einige Forscher gehen von einer veränderten Sonnenaktivität aus, die dazu führte, dass sich das östliche Mittelmeer und mit ihm die gesamte Region abkühlte. 

Periode der Umwälzungen

m fraglichen Zeitraum waren unter anderem die Paläste von Mykene, Tiryns und Pylos durch Brandkatastrophen zerstört worden, und die sogenannten Palastgesellschaften hörten auf zu existieren. In Anatolien ging das Hethiterreich unter und auf Zypern sowie in anderen Gebieten des östlichen Mittelmeerraums fielen die sogenannten "Seevölker" ein, wie der deutsche Geschichtswissenschafter Frank Falkenstein in einem Aufsatz zum Thema "Kulturwandel und Klima im 12. Jahrhundert v. Chr." schreibt.

Die gesamten Ursachen für den Niedergang spätbronzezeitlicher Staaten sind bisher nicht eindeutig geklärt. Nach der populärsten Erklärung sei die Krise durch massive Wanderungsbewegungen über Land und Wasser herbeigeführt worden, so Falkenstein. Einigen Forschern zufolge waren aber auch Erdbeben oder Neuerungen in der Kriegsführung Auslöser für die Katastrophe. Im Gegensatz zu Erdbeben archäologisch schwer nachweisbare Katastrophen wie Dürren, Hungersnöte und Epidemien werden von den meisten Autoren als mögliche Destabilisierungsfaktoren in der Entwicklung angesehen, schreibt Falkenstein.

Mehrere Studien hatten bereits den Untergang der Maya-Kultur mit Dürren in Verbindung gebracht. Ihr endgültiges Ende sei mit zwei besonders starken Dürreperioden um die Jahre 1020 und 1100 zusammengefallen, berichteten US-Forscher im vergangenen Jahr. (APA/red,)

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