Mittwoch, 23. Oktober 2013

Bewusst und unbewusst.

aus derStandard.at, 22. Oktober 2013, 23:54                                                                                                     Brigitte Kreuzwirth  / pixelio.de

Der bewussten Informations-Verarbeitung im Gehirn auf der Spur
Neurowissenschafter der Universität Tübingen untersuchen die Verarbeitung visueller Reize im Gehirn

Nur ein sehr kleiner Teil jener Information, die unser Hirn verarbeitet, wird von uns bewusst wahrgenommen. Der Rest läuft gleichsam ohne unsere Wahrnehmung im Hintergrund ab. Wo der genaue Unterschied zwischen bewusster und unbewusster Informationsverarbeitung im Gehirn liegt, ist den Neurowissenschaftern noch weitgehend unklar. Mit aktuellen Untersuchungs-Ergebnissen sind Forscher von der Universität Tübingen des Rätsels Lösung nun einen Schritt näher gekommen.
 
In ihrer Arbeit nutzten die Wissenschafter bei ihren Experimenten mit Probanden eine visuelle Illusion, die als "binokulare Rivalität" bekannt ist. Damit lassen sich visuelle Reize unsichtbar machen. Normalerweise sehen beide Augen das gleiche Bild. Binokulare Rivalität entsteht, wenn den Augen verschiedene Bilder gezeigt werden. Dann kann sich das Gehirn zwischen den Alternativen nicht entscheiden, und unsere Wahrnehmung wechselt im Zeitraum von mehreren Sekunden zwischen dem einen und dem anderen Bild ab. Die beiden Bilder sind dann "Rivalen" im Zugang zum Bewusstsein.
 
Diesen Ansatz nutzten die Forscher, um Wahrnehmungswechsel zwischen einem sich bewegenden visuellen Reiz und einem statischen Bild im Bewusstsein der Versuchsteilnehmer herbeizuführen. Gleichzeitig setzten sie Magnetimpulse ein, um gezielt die Vorgänge in einem Hirnareal zu stören, das spezifisch für die Verarbeitung visueller Bewegung verantwortlich ist.
 
Unerwartetes Ergebnis
 
"Das Ergebnis hatten wir nicht erwartet: Die Magnetimpulse im Bewegungsareal hatten keinen Einfluss auf die Wahrnehmungsdauer des bewegten Reizes. Stattdessen verlängerte sich die Wahrnehmungsdauer des statischen Bildes", berichtet Natalia Zaretskaya vom vom Centrum für Integrative Neurowissenschaften.
 
Während der Phasen, in denen der bewegte Reiz unbewusst verarbeitet wurde, hinderten die Störimpulse im Bewegungsareal den Bewegungsreiz daran, ins Bewusstsein zu gelangen. Dagegen hatten die störenden Magnetimpulse aber keinen Effekt, während der bewegte Reiz bewusst verarbeitet wurde.
 
Bewusste neuronale Verarbeitung stabiler
 
"Dieses Ergebnis zeigt, dass es einen beträchtlichen Unterschied zwischen der bewussten und der unbewussten Bewegungsverarbeitung im Hirn gibt", sagt Andreas Bartels, Koautor der in der Fachzeitschrift "Current Biology" veröffentlichten Studie. Eine Bewegung, die unbewusst bleibt, kann in ihrer neuronalen Verarbeitung leicht gestört werden. Sie hat Schwierigkeiten, im Wettbewerb gegen ein rivalisierendes Bild die Oberhand zu gewinnen. Aber sobald der Bewegungsreiz das Bewusstsein erreicht, wird seine Verarbeitung offenbar widerstandsfähiger gegenüber äußeren Störeinflüssen. Eine Eigenschaft der bewussten neuronalen Verarbeitung scheint daher eine stabilere und weniger störungsanfällige Repräsentation der Reize zu sein. Das werfe die Frage auf, wie diese neuronale Stabilität erreicht wird, so die Wissenschafter. (red, derStandard.at)



Abstract
Current Biology: Perceptual effects of stimulating V5/hMT+ during binocular rivalry are state specific



Nota

Aber was den Unterschied zwischen bewusst und unbewusst ausmacht, wissen wir nun um keinen Deut besser. J.E.

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