Die Intelligenz der Rabenvögel neurophysiologisch betrachtet
Bei schwierigen Entscheidungen spielen sich im Gehirn der Vögel ähnliche Mechanismen ab wie bei Primaten, fanden deutsche Forscher heraus
Tübingen - Rabenvögel fertigen und gebrauchen Werkzeuge, merken sich Futterplätze und planen ihr Sozialverhalten, indem sie die Handlungen anderer Gruppenmitglieder mit einbeziehen. Verhaltensbiologen sind schon lange an den intelligenten Tieren interessiert. Wissenschafter der Universität Tübingen erforschten nun erstmals die hirnphysiologischen Grundlagen dieses intelligenten Verhaltens und stellten dabei fest: Bei schwierigen Entscheidungen sind im Gehirn der Vögel ähnliche Muster zu beobachten wie bei Primaten. Die Ergebnisse wurden nun im Fachblatt "Nature Communications" veröffentlicht.
Einblicke in evolutionäre Intelligenzentwicklung
Die Rabenkrähen lösten diese Aufgabe nach einiger Zeit selbst mit völlig neuen Musterbildern souverän. Dabei beobachteten die Forscher in einem umgrenzten Hirngebiet der Krähen Nervenzellen mit erstaunlichen Eigenschaften. Die eine Gruppe der Nervenzellen reagierte ausschließlich und immer dann, wenn die Krähe die „gleich-Regel" anwenden musste, während eine andere Gruppe von Nervenzellen immer nur bei der „ungleich-Regel" aktiv war. Anhand der Regelzellen war oft vorherzusehen, welche Regel die Krähen befolgen würden, noch bevor sie die Auswahl trafen.
Das Ergebnis der Studie biete wichtige Einblicke, wie intelligentes Verhalten mehrmals unabhängig voneinander hervorgebracht und hirnorganisch verwirklicht wurde, sagte die Neurobiologin Lena Veit von der Universität Tübingen. "Bei Vögeln sind viele Funktionen anders verwirklicht, uns trennt eine sehr lange evolutionäre Entwicklung von diesen direkten Nachfahren der Dinosaurier", so Veit. "Wir können also im Gehirn der Vögel eine alternative Lösung dafür finden, wie mit verschiedenen anatomischen Voraussetzungen die gleichen Intelligenzleistungen hervorgebracht werden können."
Trotz der Unterschiede im Gehirn seien sich die Regelzellen bei Krähen und Primaten zum Verwechseln ähnlich ‒ sie deuten also auf ein allgemeines Prinzip hin, das sich im Laufe der Evolution immer wieder bewährt habe: "So wie man durch den Vergleich der grundsätzlich verschieden aufgebauten Flügel von Vögeln und Fledermäusen allgemeine Prinzipien der Aerodynamik ableiten kann, so können wir auch durch die Untersuchung der funktionalen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der entsprechenden Areale des Vogel- und Säugergehirns auf allgemeine Prinzipien der Funktionsweise des Gehirns schließen", erläuterte der Leiter des Projekts, Andreas Nieder. (red/APA)
Bei schwierigen Entscheidungen spielen sich im Gehirn der Vögel ähnliche Mechanismen ab wie bei Primaten, fanden deutsche Forscher heraus
Tübingen - Rabenvögel fertigen und gebrauchen Werkzeuge, merken sich Futterplätze und planen ihr Sozialverhalten, indem sie die Handlungen anderer Gruppenmitglieder mit einbeziehen. Verhaltensbiologen sind schon lange an den intelligenten Tieren interessiert. Wissenschafter der Universität Tübingen erforschten nun erstmals die hirnphysiologischen Grundlagen dieses intelligenten Verhaltens und stellten dabei fest: Bei schwierigen Entscheidungen sind im Gehirn der Vögel ähnliche Muster zu beobachten wie bei Primaten. Die Ergebnisse wurden nun im Fachblatt "Nature Communications" veröffentlicht.
Einblicke in evolutionäre Intelligenzentwicklung
Die Rabenkrähen lösten diese Aufgabe nach einiger Zeit selbst mit völlig neuen Musterbildern souverän. Dabei beobachteten die Forscher in einem umgrenzten Hirngebiet der Krähen Nervenzellen mit erstaunlichen Eigenschaften. Die eine Gruppe der Nervenzellen reagierte ausschließlich und immer dann, wenn die Krähe die „gleich-Regel" anwenden musste, während eine andere Gruppe von Nervenzellen immer nur bei der „ungleich-Regel" aktiv war. Anhand der Regelzellen war oft vorherzusehen, welche Regel die Krähen befolgen würden, noch bevor sie die Auswahl trafen.
Das Ergebnis der Studie biete wichtige Einblicke, wie intelligentes Verhalten mehrmals unabhängig voneinander hervorgebracht und hirnorganisch verwirklicht wurde, sagte die Neurobiologin Lena Veit von der Universität Tübingen. "Bei Vögeln sind viele Funktionen anders verwirklicht, uns trennt eine sehr lange evolutionäre Entwicklung von diesen direkten Nachfahren der Dinosaurier", so Veit. "Wir können also im Gehirn der Vögel eine alternative Lösung dafür finden, wie mit verschiedenen anatomischen Voraussetzungen die gleichen Intelligenzleistungen hervorgebracht werden können."
Trotz der Unterschiede im Gehirn seien sich die Regelzellen bei Krähen und Primaten zum Verwechseln ähnlich ‒ sie deuten also auf ein allgemeines Prinzip hin, das sich im Laufe der Evolution immer wieder bewährt habe: "So wie man durch den Vergleich der grundsätzlich verschieden aufgebauten Flügel von Vögeln und Fledermäusen allgemeine Prinzipien der Aerodynamik ableiten kann, so können wir auch durch die Untersuchung der funktionalen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der entsprechenden Areale des Vogel- und Säugergehirns auf allgemeine Prinzipien der Funktionsweise des Gehirns schließen", erläuterte der Leiter des Projekts, Andreas Nieder. (red/APA)
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