aus scinexx
Universum: Kollaps programmiert?
Die Wahrscheinlichkeit für einen Phasenübergang des Kosmos ist größer als gedacht
Wird das Universum eines Tages kollabieren? Schon seit Jahrzehnten
prognostizieren Modelle die Möglichkeit, dass der derzeitige Zustand des
Universums zwar langlebig, aber nicht völlig stabil sein könnte. Diesen
Theorien zufolge könnte es jederzeit kippen und die Form, in der wir es
heute kennen, würde aufhören zu existieren. Jetzt haben Forscher diese
Vorhersage durch neue Berechnungen bestätigt – und das Risiko für den
totalen Zusammenbruch scheint sogar größer zu sein als ursprünglich
gedacht.
Nur
wer bereits ganz unten ist, kann nicht mehr tiefer fallen. Diese
einfache Wahrheit gilt nicht nur für uns Menschen, sondern auch für das
Universum selbst. Im Blickpunkt der Wissenschaftler steht dabei der
sogenannte Vakuumzustand, also der Zustand des leeren Raums. Messungen
an Elementarteilchen legen nahe, dass es sich dabei nur um ein
scheinbares Minimum an Energie handeln könnte. Zwar ist es bisher
offensichtlich stabil, das Universum existiert immerhin schon seit
vielen Milliarden Jahren, trotzdem könnte es parallel einen „wahren“
Vakuumzustand mit noch niedrigerer Energie geben.
Droht ein Phasenübergang des Kosmos?
Nun ist es ein Grundprinzip der Quantenmechanik, dass Zustände hoher
Energie dazu neigen, in Zustände niedriger Energie überzugehen. Sollte
unser derzeitiger Vakuumzustand also nicht das absolute Minimum an
Energie darstellen, muss man damit rechnen, dass irgendwann, irgendwo im
Universum das Vakuum in seinen wahren Grundzustand kippt. Es würde
lokal eine kleine Blase mit diesem neuartigen Vakuum entstehen, die sich
mit Lichtgeschwindigkeit in alle Richtungen ausbreiten und letztendlich
das gesamte Universum verschlingen würde.
„Phasenübergang“ lautet die nüchterne wissenschaftliche Bezeichnung für
diesen Vorgang, bei dem sich die fundamentalen Eigenschaften von allem,
was wir kennen, angefangen von subatomaren Teilchen bis hin zu gesamten
Galaxien, von Grund auf ändern würden. So würden etwa Elementarteilchen,
die ins Innere der Blase geraten, dramatisch an Masse zunehmen und sich
aufgrund ihrer Gravitation zu supermassiven Zentren zusammenziehen.
"Viele Theorien und Berechnungen sagen einen solchen Phasenübergang
voraus, aber es gab immer gewisse Unsicherheiten", sagt Jens Krog vom
Zentrum für Kosmologie Teilchenphysik-Phänomenologie der Universität
Süd-Dänemark in Odense.
Interaktion von Elementarteilchen entscheidend
Krog und seine Kollegen haben drei der Hauptgleichungen näher
analysiert, die einen solchen Phasenübergang physikalisch beschreiben.
Diese sogenannten Beta-Funktionen bestimmen unter anderem, wie stark
Elementarteilchen wie beispielsweise Elektronen oder auch Higgs-Bosonen
miteinander wechselwirken. Wenn diese bisher meist einzeln betrachteten
Gleichungen kombiniert werden, ergeben sich zwei Dinge: "Zum einen hat
sich bestätigt, dass das Universum wahrscheinlich zusammenbrechen wird",
so Krog. "Und zum anderen scheint der Zusammenbruch noch
wahrscheinlicher zu sein, als es die früheren Berechnungen vorhergesagt
haben."
Wie der Forscher erklärt, wird dieser Phasenübergang irgendwo im
Universum beginnen und sich von dort ausbreiten. Vielleicht hat der
Zusammenbruch sogar schon irgendwo begonnen und breitet sich gerade auf
den Rest des Universums aus. "Vielleicht beginnt er auch genau jetzt,
genau hier. Oder vielleicht erst in einer Milliarde Jahre, weit entfernt
von hier. Wir wissen es nicht“, so der Physiker.
Auch wenn die neuen Berechnungen ein recht düsteres Bild zeichnen, ist
es keineswegs sicher, dass der große Zusammenbruch tatsächlich kommen
wird. Denn eine Voraussetzung für den Phasenübergang ist, dass das
Universum wirklich nur aus jenen Elementarteilchen besteht, die wir
heute kennen. Sollte jedoch die Suche nach neuen Teilchen, wie sie etwa
am Europäischen Kernforschungszentrum CERN betrieben wird, erfolgreich
sein, könnte sich die Grundlage für die Vorhersage mit einem Mal in Luft
auflösen. Oder wie Jens Krog es ausdrückt: „Dann wird der Zusammenbruch
des Universums abgesagt.“ (Journal of High Energy Physics, 2013)
(University of Southern Denmark , 10.01.2014 - Thomas Brandstetter )
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