aus nzz.ch, 25. April 2014, 16:34 Schimpanse auf einem Baum im Bili-Uele-Wald
Manche Schimpansengruppen existierten vor den Alten Römern
Manche Schimpansengruppen bestanden schon vor Hunderten oder gar
Tausenden von Jahren. Dies weist ein internationales Forscherteam mit
Schweizer Beteiligung in einer Genomstudie nach. Bestimmte Gruppen
hätten demnach womöglich schon vor den altern Römern eine Kultur gehabt,
so spekulieren die Forscher.
Y-Chromosom als eine Art Nachname
Y-Chromosomen würden vom Vater an den Sohn vererbt – wie Nach- oder Clan-Namen beim Menschen, schreiben die Forscher im «Journal of Human Evolution». Im Lauf der Zeit entstehen durch Genmutationen kleine Unterschiede zwischen den Chromosomen, sogenannte Haplotypen. Sie ähneln sich in einer Gruppe von Verwandten stärker als zwischen Nichtverwandten.
Da Schimpansenmännchen sehr ortstreu sind – die Weibchen wechseln zwischen Territorien –, lässt sich aus diesem genetischen «Nachnamen» auf den Entstehungszeitpunkt der Gruppe schliessen. Acht Schimpansengruppen in Uganda und Côte d'Ivoire haben die Forscher, zu denen auch Klaus Zuberbühler von der Universität Neuenburg gehörte, auf diesem Weg untersucht.
Es zeigte sich, dass der letzte gemeinsame Vorfahr je nach Gruppe vor 125 bis 2600 Jahren gelebt hatte. Vermutlich seien die Gemeinschaften durch Absplitterung weniger Individuen von grösseren Gruppen entstanden, was bei Schimpansen ein seltenes Ereignis sei.
Kulturelles Erbe
Was die Resultate laut den Forschern besonders spannend macht, ist die Tatsache, dass Schimpansen Verhaltensweisen wie etwa das Nüsseknacken mit Steinen kulturell an ihre Nachkommen vermitteln. Diese Kulturtechniken seien über die Zeit äusserst stabil und sehr alt: Bei Ausgrabungen wurden 4300 Jahre alte, zum Nüsseknacken veränderte Steine mit Nahrungsresten dran gefunden.
Männliche Schimpansen teilten eine gemeinsame Kultur, die von einem gemeinsamen männlichen Vorfahren bestimmt werde, so lautet deshalb das Fazit der Autoren. Falls also tatsächlich kaum Kulturtechniken in Gruppen importiert würden, wie Beobachtungsstudien andeuten, wären diese womöglich so alt wie die Gruppen selbst.
Älteste Kultur der Welt
Den Rekord hält die Sonso-Gruppe im Budongo-Reservat: Sie sei vor 2600 Jahren und damit vor dem Römischen Reich, der Maya-Kultur und der chinesischen Han-Dynastie entstanden, schreibt der auf Primaten spezialisierte Archäologe Michael Haslam von der Oxford University im Fachjournal «Nature». Sie könnte demnach als die älteste kontinuierliche Kultur der Welt betrachtet werden.
Doch um solche Hypothesen zu testen, seien noch viel genauere Schätzungen des letzten gemeinsamen Vorfahren mit mehr untersuchten Erbgutstücken notwendig, betonen die Autoren. An der Studie waren auch Wissenschafter der Boston University und des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig beteiligt. (sda) ⋅
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen