Entstehung des Universums
Risse in der Urknall-TheorieSignale aus der Geburtsstunde des Universums: Mitte März jubelte ein Forscherteam über eine bahnbrechende Messung vonGravitationswellen. Möglicherweise haben die Physiker sich zu früh gefreut.
Von Marlene Weiß
Wer meint, die Welt erklären zu können, indem er am kleinen n schraubt, bekommt es mit Viatcheslav Mukhanov zu tun. "Vollkommener Unsinn", schimpft der an der Uni München aktive russische Physiker, "die Zeitschriften sind voll davon, aber es bleibt trotzdem Unsinn!" Auch wer sonst nichts von seinem Vortrag kürzlich am Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching bei München verstanden hat, eines dürfte jedem Zuhörer klar geworden sein: Das kleine n
in den Formeln über den Beginn des Universums, auch "spektraler Index"
genannt, sollte man in Ruhe lassen, wenn man sich nicht mit Mukhanov
anlegen möchte.
Das sind schlechte Nachrichten für all die Fachleute, die
Mitte März jubelten, als es hieß, man habe mit einem Teleskop am Südpol
Signale aus den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall gemessen: Vielleicht war der Jubel verfrüht, das Ergebnis widerspricht anderen Messungen. Spuren von Gravitationswellen, die vor 13,82
Milliarden Jahren entstanden sein sollen, als das Universum sich rasant
ausdehnte, meinten die Physiker um John Kovac von der
Harvard-Universität mit dem Teleskop Bicep2 am Südpol gemessen zu haben. Leider passte die Messung nicht so recht zu früheren Ergebnissen. Da kam das kleine n
ins Spiel, eigentlich nur ein harmloser Parameter in den Formeln. Lässt
man diesen etwas variieren, löst sich der Widerspruch auf. Doch das
Geschraube an dem Parameter bringt Mukhanov in Rage, und sein Wort hat
Gewicht. Kaum einer kennt sich besser aus mit der Geburt des Universums.Wie gut verteilter Himbeersirup im Wasserglas Andererseits: Auch der Russe war nicht dabei, als einst aus dem
Nichts der Kosmos entstand. Daher führen viele heute aktuelle Fragen
zwangsläufig ins Reich der Spekulationen: Warum sieht das Weltall
überall recht ähnlich aus? Ob nah, ob fern, in jeder Richtung: ähnliche
Galaxien-Strukturen, ähnliche Dichte, ähnliche Temperatur. Als wäre das
Universum ein Wasserglas, in dem der Himbeersirup durch kräftiges
Schütteln gut verteilt wurde - was nicht so ohne Weiteres erklärbar ist. Vor mehr als drei Jahrzehnten schlug der US-Physiker Alan Guth
eine Lösung für dieses Problem vor: Demnach hätte sich das Universum in
den Sekundenbruchteilen nach dem Urknall viel schneller ausgedehnt als später. Diese sogenannte Phase der Inflation
hätte das junge Universum sozusagen glattgezogen. Nur eine minimale,
gleichmäßige Zerknitterung wäre danach noch übrig geblieben, geringe
Dichteschwankungen, aus denen später so Kleinigkeiten wie Sterne und
Galaxien entstanden. Und die Inflation müsste Gravitationswellen
hinterlassen haben, winzige Kräusel in der Raumzeit.
Die Kollegen eines anderen Teams wollen vermeiden, dass es wie ein Konkurrenzkampf aussieht Das inflationäre Universum gilt daher als Favorit für die
Entstehungsgeschichte des Kosmos. Nur steht der Nachweis noch aus, dass
es wirklich so war - wer ihn präsentiert, dürfte gute Chancen auf den
Nobelpreis haben. Der Beweis könnte im Nachglimmen des Urknalls
versteckt sein, in den schwachen Lichtwellen aus der Geburtssekunde des
Universums, die als "kosmischer Mikrowellen-Hintergrund" das
All durchfluten. Zwei Experimente haben gute Chancen, darin den Abdruck früher Gravitationswellen und damit auch die Inflation nachzuweisen: Bicep2 am Südpol, und das Weltraumteleskop Planck, dessen nächster Datensatz im Herbst ausgewertet sein soll. Das Planck-Teleskop
ist es auch, das den Ergebnissen vom Südpol in die Quere kommt: Es
hatte in einer früheren Messung keine Spuren von Gravitationswellen
gefunden, genau dort, wo Bicep2 nun fündig geworden sein soll. Beides
gleichzeitig kann nicht stimmen. Mit der Veröffentlichung im März hat sich die Bicep2-Gruppe im
Rennen um den Inflations-Nachweis in Führung gebracht. Verfrüht, meinen
nun Fachleute. "Sie hätten nicht so viel Lärm machen sollen", sagt
Mukhanov. "Es passt alles nicht zusammen." Dabei glaubt auch er, dass
der Abdruck der Gravitationswellen existieren müsste, und die
Bicep2-Gruppe mache "heldenhafte Arbeit". Das ändere aber nichts daran,
dass es eine sehr ernsthafte Unstimmigkeit gebe.
"An der Grenze des Wissens gibt es keine festen Wahrheiten" Im Planck-Team ist man derweil bemüht, das Ganze nicht nach einem
unwürdigen Konkurrenzkampf aussehen zu lassen. "Wir sind alle gute
Freunde", sagt Andrew Jaffe vom Imperial College London,
der an der Planck-Messung beteiligt ist. Dann lacht er, wohl weil es so
albern klingt, aber trotzdem: "Das Bicep-Team ist sehr vorsichtig und
gründlich, sie haben gesagt, was sie getan haben, und getan, was sie
gesagt haben." Mehr könne man nicht verlangen: "Experimente sind fast
immer zu einem gewissen Grad falsch." Die Ursache der Diskrepanz zwischen Bicep2 und Planck könnte
indes in unserer eigenen Heimatgalaxie verborgen sein, in der
Milchstraße. Staub und andere Hindernisse könnten in den kosmischen
Mikrowellen ähnliche Spuren hinterlassen wie Gravitationswellen. Diesen
sogenannten Vordergrund-Effekt muss man herausrechnen. Aber um ihn genau
abzuschätzen, braucht man Daten, und auch die wird erst die nächste
Planck-Lieferung bringen. Auf die Erfolgsnachrichten von Bicep2 hin habe die Freude überwogen, behauptet Torsten Enßlin, der das in Garching
angesiedelte deutsche Planck-Team leitet. Auch ihm machen einige Punkte
Sorgen, nicht überall passen die Messwerte vom Südpol auf die
theoretischen Kurven. "Das könnte heißen, dass nicht alles perfekt unter
Kontrolle ist", sagt Enßlin. Aber prinzipiell findet er es gut, dass
seine Kollegen früh an die Öffentlichkeit gegangen sind: Das bilde die
wissenschafts-interne Diskussion ab. "So ist Wissenschaft eben: An der
Grenze des Wissens gibt es keine festen Wahrheiten."
aus nzz.ch, 25. April 2014, 16:34 Schimpanse auf einem Baum im Bili-Uele-Wald
Manche Schimpansengruppen existierten vor den Alten Römern
Manche Schimpansengruppen bestanden schon vor Hunderten oder gar
Tausenden von Jahren. Dies weist ein internationales Forscherteam mit
Schweizer Beteiligung in einer Genomstudie nach. Bestimmte Gruppen
hätten demnach womöglich schon vor den altern Römern eine Kultur gehabt,
so spekulieren die Forscher.
Y-Chromosom als eine Art Nachname Y-Chromosomen
würden vom Vater an den Sohn vererbt – wie Nach- oder Clan-Namen beim
Menschen, schreiben die Forscher im «Journal of Human Evolution». Im
Lauf der Zeit entstehen durch Genmutationen kleine Unterschiede zwischen
den Chromosomen, sogenannte Haplotypen. Sie ähneln sich in einer Gruppe
von Verwandten stärker als zwischen Nichtverwandten. Da
Schimpansenmännchen sehr ortstreu sind – die Weibchen wechseln zwischen
Territorien –, lässt sich aus diesem genetischen «Nachnamen» auf den
Entstehungszeitpunkt der Gruppe schliessen. Acht Schimpansengruppen in
Uganda und Côte d'Ivoire haben die Forscher, zu denen auch Klaus
Zuberbühler von der Universität Neuenburg gehörte, auf diesem Weg
untersucht. Es zeigte sich, dass der letzte gemeinsame Vorfahr je
nach Gruppe vor 125 bis 2600 Jahren gelebt hatte. Vermutlich seien die
Gemeinschaften durch Absplitterung weniger Individuen von grösseren
Gruppen entstanden, was bei Schimpansen ein seltenes Ereignis sei.
Kulturelles Erbe
Was
die Resultate laut den Forschern besonders spannend macht, ist die
Tatsache, dass Schimpansen Verhaltensweisen wie etwa das Nüsseknacken
mit Steinen kulturell an ihre Nachkommen vermitteln. Diese
Kulturtechniken seien über die Zeit äusserst stabil und sehr alt: Bei
Ausgrabungen wurden 4300 Jahre alte, zum Nüsseknacken veränderte Steine
mit Nahrungsresten dran gefunden. Männliche Schimpansen teilten
eine gemeinsame Kultur, die von einem gemeinsamen männlichen Vorfahren
bestimmt werde, so lautet deshalb das Fazit der Autoren. Falls also
tatsächlich kaum Kulturtechniken in Gruppen importiert würden, wie
Beobachtungsstudien andeuten, wären diese womöglich so alt wie die
Gruppen selbst.
Älteste Kultur der Welt
Den Rekord hält
die Sonso-Gruppe im Budongo-Reservat: Sie sei vor 2600 Jahren und damit
vor dem Römischen Reich, der Maya-Kultur und der chinesischen
Han-Dynastie entstanden, schreibt der auf Primaten spezialisierte
Archäologe Michael Haslam von der Oxford University im Fachjournal
«Nature». Sie könnte demnach als die älteste kontinuierliche Kultur der
Welt betrachtet werden. Doch um solche Hypothesen zu testen, seien
noch viel genauere Schätzungen des letzten gemeinsamen Vorfahren mit
mehr untersuchten Erbgutstücken notwendig, betonen die Autoren. An der
Studie waren auch Wissenschafter der Boston University und des
Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig
beteiligt. (sda)
⋅
Wiener Wissenschafter sprechen von geistigen Repräsentationen, wie man sie höchstens Menschenaffen zugetraut hätte
Wien - Kolkraben wissen nicht nur über die Beziehungen der verschiedenen
Mitglieder ihrer eigenen Gruppe zueinander bescheid, sie kennen offenbar
auch die Hierarchien in Nachbar-Gruppen, zu denen sie nachweislich
lediglich Sicht- und Hörkontakt hatten. Darüber berichten Wiener
Forscher in der Fachzeitschrift "Nature Communications". Bisher wurde
diese Fähigkeit nur bei Menschenaffen angenommen.
Das Experiment ...
Kolkraben leben in
unterschiedlichen sozialen Beziehungen: Neben Paarbildung und
vewandtschaftlichen Beziehungen gibt es auch Freundschaftsbande sowie
strikte Dominanzhierarchien. Um herauszufinden, ob die Tiere verstehen,
wie die Beziehungen von Mitgliedern von Gruppen, denen sie selbst nicht
angehören, gestaltet sind, spielten Wissenschafter vom Department für
Kognitionsbiologie der Universität Wien den Vögeln Tonaufnahmen anderer
Raben vor. Darauf waren Tiere zu hören, die in der Forschungsstation Haidlhof
bei Bad Vöslau bereits über ein Jahr hinweg im jeweils angrenzenden
Gehege in Hör- und Sichtweite untergebracht waren. Die
Kognitionsbiologen um Jorg Massen und Thomas Bugnyar ließen die Vögel
einerseits Aufnahmen anhören, in denen zwei ihrer Nachbarn entweder so
miteinander interagieren, wie es aufgrund der Rangordnung in ihrer
Gruppe zu erwarten wäre. Andererseits lauschten die Raben auch
Unterhaltungen, in denen die hierarchischen Verhältnisse umgedreht
waren, indem ein niederrangigeres plötzlich ein höherrangiges Tier
dominierte.
... und seine Ergebnisse
Es zeigte sich, dass die Raben
auf eine solche Rollenumkehrung mit verstärktem Erkundungs- und
Stressverhalten reagierten. Die überraschten Tiere drehten ihre Köpfe
öfters, schüttelten sich häufiger, was darauf schließen lasse, dass ihre
Erwartung an die Dominanzverhältnisse erschüttert wurden, berichten die
Forscher. Daraus folgern sie, dass Raben auf die Beziehungsstrukturen
von Artgenossen rein auf der Basis von Beobachtungen schließen können.
Es handle sich hier um den ersten experimentellen Nachweis von
tatsächlichen geistigen Repräsentationen von Beziehungen bei Tieren,
erklärte Massen. Darunter versteht man, dass die Raben sich selbst
und ihre eigenen Erfahrungen nicht als Referenz heranziehen können. Das
Wissen über die Hierarchien unter ihren Nachbarn konnten sie nämlich
nicht aus einer egozentrischen Perspektive heraus in jeder Situation neu
ableiten. "Sie müssen wirklich eine Idee über die andere Gruppe und die
Beziehungen in der Gruppe haben", so Massen.
Von Menschenaffen nehme man zwar an, dass sie dazu auch fähig sind,
ein direkter experimenteller Nachweis sei allerdings schwierig und wurde
auch noch nicht erbracht. "Was wir hier gemacht haben, war wirklich
etwas Neues", so der Forscher.
Die Vögel beobachten den Rang anderer sowohl in der eigenen Gruppe wie auch bei Nachbarn.
Wer sozial lebt, tut gut daran, sich in der eigenen Gruppe auszukennen und vor allem über die aktuellen Machtverhältnisse Bescheid zu wissen, das ist
bei Menschen so, das ist bei anderen Primaten so, man kennt es auch bei
Hyänen. Und wie ist es bei den Geflügelten, die in sozialen Dingen auch
höchst kompetent sind, bei den Rabenvögeln? Von denen weiß man schon,
dass sie sich auf
der Futtersuche zusammentun, aber dann, wenn einer etwas gefunden hat,
die Gefahren des Sozialen mit List abwehren: Hat ein Häher Futter, das
er gerade nicht verzehren kann, lagert er es ein, er versteckt es
irgendwo.
Aber vorher schaut er sich um, ob ihn ein anderer Häher beobachtet. Bemerkt er einen,
versteckt er ganz auffällig etwas ganz anderes, einen Stein etwa, und
im nächsten unbeobachteten Moment bringt er seine echte Beute in
Sicherheit. Er kann sich also in den anderen hineinversetzen und dessen
Züge durchkreuzen. Kann er sich auch so in ihn hineinversetzen, dass er
den Rang eines jeden in der Gruppe im Bewusstsein hat? Jorg Massen
Kognitionsbiologie Uni Wien)
hat es getestet, in Playback-Experimenten, in denen anderen Rabenvögeln
– Raben (Corvus corax) – aus versteckten Lautsprechern etwas
vorgespielt wurde, die Stimmen von Mitraben.
Ohren lauschen geschlechtsspezifisch Diese klangen entweder wie gewohnt – das Tier mit dem
höheren Rang hatte das Sagen –, oder sie bargen eine verwirrende
Überraschung: Das höherrangige Tier war plötzlich in der Rolle des
niederrangigen. Die Überraschung kam an, vor allem die weiblichen Raben
zeigten sie – sie haben generell einen niederen Rang – gegenüber
Mitgliedern der eigenen Gruppe, und je älter sie wurden, desto
hellhöriger reagierten sie. Und die Weibchen reagierten vor allem auf
andere Weibchen, bei den Männchen war es ähnlich, die reagierten auf
Männchen, nur nicht so stark.
Und sie reagierten nicht nur
auf die Männchen der eigenen Gruppe, sondern auch auf die im
Nachbargehege, mit denen sie überhaupt nichts zu tun hatten – außer dass sie
sie beobachten konnten. Das taten sie auch, sie waren über die
Rangordnung der anderen bestens informiert Nature Communications, 22.
4.. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Raben geistige
Repräsentationen über andere bilden“, schließt Massen. Das ist eine hohe
Leistung, sie legt nahe, dass Raben viel Intelligenz für das haben, was
sie brauchen, das Soziale. Bei der Selbstbeherrschung hingegen, über
die nebenan berichtet wird, schnitten Rabenvögel – in diesem Fall Häher,
sie erbringen ihre Leistungen mit einem kleinen Gehirn von 2,85 cm3 –
eher mittelmäßig ab.jl
In
einem breiten Vergleich von 36 Tierarten zeigt sich, dass Intelligenz
an der absoluten Gehirngröße hängt – und die an einer breiten
Futterpalette.
Von Jürgen Langenbach
Dass man das Denken den
Pferden überlassen möge, weil diese die größeren Köpfe haben, bleibt
jedem, der den Spruch als junger Mensch zu hören bekam, sein Leben lang
in Erinnerung. Man hat damals den Kopf darüber geschüttelt und tut es
heute noch, aber am Ende ist etwas dran an der Weisheit der
Wachtmeister: Die Intelligenz korreliert mit der absoluten Größe des
Gehirns, nicht mit der relativen; und diese Größe korreliert mit der
Breite der Nahrungspalette, nicht mit der der sozialen Bezüge. Das ist
das (vorerst) letzte Wort in der endlosen Debatte über die Evolution der
Intelligenz. Es stützt sich auf den bisher breitesten Vergleich, quer
durch das Tierreich, 36 Arten, Vögel und Säugetiere in Zentren rund um
die Erde, aus Wien war Friederike Range (Vet-Med) mit den Wölfen dabei,
an denen sie in Ernstbrunn forscht, organisiert und zusammengehalten
wurde alles von Evan MacLean (Duke University, Durham).
Alle Tiere wurden mit den gleichen zwei Aufgaben konfrontiert, darin
liegt die Eleganz des Ansatzes, sie wird bezahlt mit einer engen
Definition von Intelligenz: Selbstbeherrschung. Die braucht es in
verschiedensten Lebensformen, in sozialen etwa empfiehlt es sich für
subordinate Männchen nicht, sich an Weibchen des Alphamännchens
heranzumachen; und ganz generell empfiehlt es sich, auf der Futtersuche
nicht unbedacht zuzugreifen, sondern sich zuerst nach Raubtieren
umzuschauen. Die gibt es in Labors und Gehegen nicht, dort wurde zum
Test der Selbstbeherrschung Futter präsentiert, in zwei Durchgängen. Im
ersten wurde es vor den Augen der Tiere in einem von zwei Behältern
versteckt, drei Mal im gleichen, dann kam der Test: Wieder kam das
Futter in den gleichen Behälter, dann wurde es herausgenommen, und in
den anderen gesteckt, auch das vor den Augen der Tiere.
Im zweiten
Test war das Futter erst in einem Rohr mit opaker Wand, die Tiere
mussten den Weg hinein finden; dann kam es in ein Rohr mit transparenter
Wand. Nun brauchten die Tiere Selbstbeherrschung, sie durften nicht
einfach zum Futter hinspringen, die Wand war ja noch da;
Selbstbeherrschung brauchten sie auch im Test davor, wo sie dem Reflex
des gewohnten Wegs nicht nachgeben durften. Alle Tiere machten
bereitwillig mit, sie vertraten 36 Arten, von solchen mit kleinen
Gehirnen, Zebrafinken (Volumen: 0,44 Kubikzentimeter), über solche mit
mittleren, Kapuzineraffen (66,63) oder Wölfe (127,06), bis zu Elefanten
(4752,25). Den größten Anteil stellten Primaten (23), dann kamen Vögel
(7), Caniden (3), Nager (2) und der Elefant.
Kortikale Reorganisation Und ob man sie nun alle zusammen betrachtete oder jede Gruppe für
sich: Die Selbstbeherrschung hing an der absoluten Größe des Gehirns
(Pnas, 21. 4.). Das unterstützt die Hypothese von der kortikalen
Reorganisation, die davon ausgeht, dass schiere Quantität in Qualität
umschlägt, weil dann mehr Hirnzellen da sind und feiner miteinander
kommunizieren können; und es nimmt der Gegen-Hypothese Gewicht, die die
relative Gehirngröße für ausschlaggebend hält. Zugleich entscheidet das
Experiment zwischen zwei anderen Hypothesen, der von der sozialen
Intelligenz, die darauf setzt, dass die Probleme des Soziallebens
generell leistungsfähigere Gehirne wachsen lassen, und der „foraging
hypothesis“, die die Evolution der Intelligenz von der Nahrung abhängig
sieht – breit muss die Palette sein, sodass immer etwas da ist.
Letzteres wurde bestätigt, die soziale Intelligenz, die in letzter Zeit
stark auf dem Vormarsch ist, fiel durch.
Ist das nun wirklich das
letzte Wort? Die Studie hat Grenzen, nur Primaten waren in ausreichender
Zahl vertreten, und die größten und leistungsfähigsten Gehirne gab es
auch bei ihnen. Größer war nur das der Elefanten, aber die fielen aus,
sie sind mit null Punkten in der Wertung. Alle anderen sind drin, ganz
oben rangieren mit 97,5 und 97,2 – von hundert möglichen – die Bonobos
(Hirnvolumen: 341,29) und die Gorillas (490,41), dicht gefolgt von
Orang-Utans und Schimpansen, alle unsere näheren Verwandten, uns selbst
(um die 1200 cm3) haben die Forscher leider nicht getestet. Aber bei den
übrigen Primaten ist es eindeutig: Größe ist bzw. bringt Qualität. Ist
das vielleicht nur bei den Primaten so? „Möglicherweise liegt es nicht
an der Größe selbst, sondern an der Zahl der Neuronen“, erwägt MacLean
gegenüber der „Presse“: „Primaten haben sehr viele Neuronen im Gehirn,
relativ kleine, dicht gepackt. Andere Tiere haben eher große, weniger
dicht gepackt. Wir brauchen für den Vergleich der Gehirne von Primaten
mit denen anderer Tiere einfach mehr Informationen.“
Raumzeit: eine superfluide Quanten-Flüssigkeit? Physiker entwerfen ein neues Szenario einer quantenphysikalischen Basis für die klassische Raumzeit
Es klingt ziemlich abenteuerlich: Nach
Ansicht zweier Physiker könnte die Raumzeit eine Art Superflüssigkeit
sein. Ähnlich wie das Verhalten des Wassers durch seine
Molekül-Interaktionen geprägt wird, wäre dann die Raumzeit durch Effekte
ihrer Quantenbausteine geprägt. Sie bildet dadurch ein fast
reibungsloses Superfluid. Der Clou an diesem Szenario der Quantengravitation: Es könnte sich zukünftig sogar experimentell überprüfen lassen.
Nach der Theorie der Quantengravitation ist die Raumzeit keine
kontinuierliche Matrix, sondern diskret: Auf der kleinsten Ebene ist sie
in einzelne Einheiten von minimal 10 hoch -35 Metern aufgeteilt, die
eine Art Quantenschaum bilden. Dieses Konstrukt soll ein Problem der
Quantenmechanik lösen helfen: Bisher lassen sich nur drei der vier
Grundkräfte durch Quanteneffekt plausibel erklären. Die vierte
Grundkraft, die Gravitation, aber nicht. Im Rahmen der Quantengravitation gibt es zwar inzwischen viele Modelle,
die genau dies versuchen. Doch das Problem dabei: Ihre Szenarien sind
entweder unvollständig oder aber sie lassen sich nicht empirisch
belegen. "Das Entstehen der klassischen Raumzeit aus einem
Quantengravitations-Modell ist immer noch ein subtiles und nur teilweise
verstandenes Thema", erklären Stefano Liberati von der International School for Advanced Studies (SISSA) in Triest und Luca Maccione von der Ludwig-Maximilian Universität in München. Hydrodynamik in kosmischem Maßstab Sie haben nun ein Modell entwickelt, das auf den
ersten Blick absurd klingt, aber erste Möglichkeiten einer Überprüfung
bieten könnte. Ihr Szenario: Die Raumzeit könnte sich –
quantenphysikalisch betrachtet – wie eine
Flüssigkeit verhalten. Die Gesetzmäßigkeiten der Allgemeinen
Relativität wären dann Ergebnis der Eigenschaften dieser
Superflüssigkeit – analog der Hydrodynamik, die das Verhalten von
Flüssigkeiten auf makroskopischer Ebene beschreibt.
Krümmung der Raumzeit durch die Schwerkraft der Erde
"Denn
wenn die Raumzeit als eine Art großskaliges Kondensat aus
fundamentaleren Objekten entsteht, dann ist es nur natürlich zu
erwarten, dass Materie als kollektive Anregung der Raumzeit-Bausteine,
modifizierte Kinematiken zeigt", so die Forscher. Oder einfacher
ausgedrückt: Ähnlich wie die Interaktionen der Wassermoleküle dieses
Verhalten beeinflussen, so könnten auch die Quanteneigenschaften der
Raumzeit seine Merkmale prägen. Fast reibungsloses Superfluid "Wenn wir die Analogie mit Flüssigkeiten weiterdenken, dann müssen wir auch seine Viskosität
und andere Verteilungseffekte in Betracht ziehen", konstatiert
Liberati. Die Tatsache, dass Licht entfernter Sterne und Galaxien über
Milliarden von Lichtjahren zu uns gelangt, spricht gegen eine hohe
Viskosität der gequantelten Raumzeit, wie die Forscher erklären. Denn je
zähflüssiger ein Fluid ist, desto stärker streut es Photonen und andere
Teilchen, die es durchqueren. "Wenn die Raumzeit eine Flüssigkeit ist, dann muss es unseren
Berechnungen nach ein Superfluid sein", so Liberati. "Das bedeutet,
seine Viskosität ist extrem niedrig, nahe Null." Sollte sie aber nicht
ganz Null sein, dann könnte es Wege geben, die daraus resultierenden
schwachen Streuungseffekte durch zukünftige astrophysikalische Messungen
aufzuspüren. Eine Möglichkeit wäre, die Raten des Energieverlusts von
Elementarteilchen genauer auf solche Effekte hin zu untersuchen. Experimentell überprüfbar? "Sollte dies passieren, dann hätten wir ein starkes Indiz für die
Modelle einer aus Quantengrundlagen entstehenden Raumzeit", betont
Liberati. Damit aber könnte es nach Ansicht der Forscher einen Weg
geben, die Quantengravitation von einem reinen, teilweise spekulativen
Gedankengebäude auf eine phänomenologischere, durch Beobachtungen
überprüfbare Basis zu stellen. "Man kann sich kaum eine aufregendere
Zeit vorstellen, um über die Gravitation zu forschen", konstatiert der
Physiker. (Physical Review Letters, 2014; 10.1103/PhysRevLett.112.151301)
(SISSA, 24.04.2014 - NPO)
Nota.
Unser Vorstellungsvermögen hat sich in Milliarden Jahren als eine Anpassungsleistung an unsere Erflebens- welt ausgebildet, die im mittleren Bereich, der Mesosphäre, zwischen Mikrowelt und dem Kosmos liegt. Angenommen, wir könnten, allen theoretischen Vorbehalten zum Trotz, Phänomene, die oberhalb und unter- halb unserer Erfahrungssphäre liegen, auf unsere Vorstellungskraft herab- oder heraufbrechen - so fragt sich doch: Was wäre damit theoretisch gewonnen? Es wäre nur ein Kuriosum mehr. Dass wir, nämlich unsere Wissenschaftler, uns in Mikro- und Makrosphäre hineindenken können, ist grad wunderlich genug... JE
aus Der Standard, Wien, 23. April 2014 Ludwig Wittgenstein, Cambridge, 1939
"Teamarbeit ist der Philosophie nicht abträglich"
Im
April jährt sich Ludwig Wittgensteins Geburtstag zum 125. Mal - Klaus
Taschwer sprach mit dem Philosophen Martin Kusch über Wittgensteins
Bedeutung heute und dessen Umfeld damals
von Klaus Taschwer STANDARD:
Österreichs wichtigster Preis für Wissenschafter ist ebenso nach Ludwig
Wittgenstein benannt wie seit kurzem ein Lesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek. Was machte Ludwig Wittgenstein zu einem Denker, der auch heute öffentlich noch so präsent ist?
Kusch:Wittgensteins Wirkung auf die breitere
Öffentlichkeit hat gewiss auch damit zu tun, dass seine Persönlichkeit
irgendwie spannender und facettenreicher ist als die vieler anderer
Philosophen des 20. Jahrhunderts. Dazu trägt natürlich auch seine
Biografie bei – die eines Österreichers, der aus einer absurd reichen
Familie stammt und der einen Großteil des riesigen Vermögens verschenkt.
Das fasziniert ebenso wie sein Wechsel vom deutschen Sprachraum in den
englischen. Und dass er an die Universität Cambridge ging, die damals
ein Zentrum der Philosophie war, hat für seine Rezeption auch geholfen.
STANDARD: Wie steht es um Wittgensteins Bedeutung in der Philosophie?
Kusch: Wittgenstein war vor allem von etwa 1960 bis
1990 in der angloamerikanischen Philosophie sehr wichtig, und zwar in
ganz verschiedenen Bereichen: der Sprachphilosophie, der Philosophie des
Geistes oder der Erkenntnistheorie. Mit dazu bei trug auch, dass
Wittgenstein ein glänzender Stilist war.
STANDARD: Welche Rolle spielt Wittgenstein in der Philosophie heute?
Kusch:In den vergangenen 20 Jahren hat seine Bedeutung abgenommen. Er ist inzwischen kanonisiert – so wie Martin Heidegger,
Edmund Husserl oder Jacques Derrida. Das heißt leider auch, dass die
Erforschung seines Werks heute mehr und mehr von Spezialisten betrieben
wird, deren Detailarbeiten und interne Fehden für die allgemeine
philosophische Diskussion jenseits der Wittgenstein-Forschung eher
uninteressant sind. Aber es entstehen selbstverständlich weiterhin
wichtige Beiträge, etwa im Umkreis der Erkenntnistheorie.
STANDARD: Sie haben lange in Cambridge gearbeitet. Gab es dort zu Ihrer Zeit noch Nachwirkungen von Wittgenstein zu spüren?
Kusch:Das mit dem angeblichen Wittgenstein-Kult in
Cambridge war immer ein bisschen übertrieben. Er hatte dort nur etwa ein
Dutzend Studenten um sich geschart und nie Vorlesungen vor hunderten
von Studenten gehalten, wie ich es hier in Wien tun darf. Außerdem gab es
in Cambridge neben ihm andere einflussreiche Philosophen wie Bertrand
Russell. In der nächsten Generation aber, als etwa die
Wittgenstein-Schülerin Elizabeth Anscombe selbst Professorin in
Cambridge wurde, da bildete sich schon so etwas wie eine Art
Wittgenstein-Kult heraus. Doch als ich 1997 nach Cambridge kam, war
davon kaum mehr etwas zu bemerken. Da wurde Wittgenstein eher wie ein
„toter Hund" behandelt.
STANDARD: Für Wittgenstein wird immer wieder ein
besonders enger Zusammenhang von Leben und Werk behauptet. Trifft das
Ihrer Meinung nach zu?
Kusch:Es gibt Arbeiten, die das Werk Wittgensteins
und seine Biografie engführen. Aber das Biografische scheint mir da doch
zu wenig eingebettet in die weiteren sozialen und politischen Kontexte
seiner Zeit, die ihn zweifellos geprägt hat. Stattdessen geht es, wie
auch in Ray Monks großer Wittgenstein-Biografie, meist doch um das
einsame Genie und den reinen, hehren Denker, der alles aus sich selbst
entwickelt.
STANDARD: Aber es gab doch auch Bücher wie
„Wittgensteins Wien" von Allan Janik und Stephen Toulmin, in dem gezeigt
wird, wie Wittgensteins Philosophie von diesem speziellen Wiener
Kontext der zu Ende gehenden Monarchie geprägt war.
Kusch:Das stimmt schon. Aber ich sage meinen
Studenten immer, dass man parallel zu diesem Buch Brigitte Hamanns
brillante Studie „Hitlers Wien" lesen sollte, in dem es um die gleiche
Zeit und die gleiche Stadt geht. Dadurch sieht man erst, wie wenig
Wittgenstein anscheinend von den meisten sozialen Problemen seiner Zeit
mitbekommen hat – man denke nur an die enorm wichtige Rolle der
Sprachenpolitik in der späten Monarchie. Obwohl Wittgenstein als einer
der bedeutendsten Sprachphilosophen des 20. Jahrhunderts gilt, findet
sich von den politisch-ideologischen Problemen der Sprache nichts in
seinem Werk.
STANDARD: In welchen Dingen war Wittgenstein ein Kind seiner Zeit?
Kusch: Das existenzialistische Element, das man bei
ihm und in seinen Arbeiten um die Zeit des Ersten Weltkriegs findet, das
fand man bei vielen anderen Intellektuellen dieser Zeit – geprägt nicht
zuletzt durch den Krieg, aber etwa auch durch die Schriften Tolstois.
In dem Zusammenhang war Wittgenstein alles andere als einzigartig, und
es lässt sich etwa zeigen, dass Wittgensteins Arbeiten zur Religion von
Tolstoi und später von Kierkegaard geprägt waren. Ein anderes Beispiel
für die wichtige Rolle seines Umfelds sind seine Texte zum Thema Farbe,
mit denen ich mich ein bisschen beschäftigt habe.
STANDARD: Worum geht es da?
Kusch: Wittgensteins Arbeiten zu den Farben wurde
bisher immer als eine Auseinandersetzung mit Goethes Farbenlehre
verstanden. Meines Erachtens kam Wittgenstein aber auf das Thema, als er
1913 an das psychologische Institut in Cambridge kam, das damals von
Anthropologen geleitet wurde. Die hatten gut zehn Jahre zuvor eine
Expedition in die Inselwelt zwischen Papua-Neuguinea und Australien
gemacht und dabei die Farbwahrnehmung und das Farbvokabular der Bewohner
dieser Inseln untersucht. Diese Forscher wollten damit beweisen, dass
diese Menschen auf einem niedrigeren Entwicklungsniveau stünden, weil
sie bestimmte Begriffe für Farben wie Blau nicht hatten. Wittgensteins
Anmerkungen über die Farben sind nach meiner Überzeugung in weiten
Teilen eine Kritik an diesen Arbeiten. Umgekehrt wollte ich damit
zeigen, dass man Wittgenstein auf die Wissenschaft seiner Zeit beziehen
muss, um auch seine Relevanz für heute besser einschätzen zu können.
STANDARD: Wie sehr hat sich Wittgenstein mit der Naturwissenschaft seiner Zeit befasst?
Kusch: Er hat sich immer dafür interessiert, wenn
auch nicht so sehr wie die Mitglieder des Wiener Kreises. Womöglich hat
er Einsteins Relativitätstheorie und neueren Entwicklungen der Physik
nur durch Sekundärliteratur oder Gespräche mit Moritz Schlick
rezipiert, jedenfalls aber doch sehr positiv aufgenommen. Ich habe
selbst in einigen Arbeiten zu zeigen versucht, dass die Einstein'sche
Uhrenkoordination und die Metrologie, also die Lehre von den
Maßsystemen, für Wittgenstein eine wichtige Quelle für einige seiner
zentralen Metaphern werden. Wittgenstein ist fraglos nicht gegen die
Naturwissenschaft eingestellt – wohl aber gegen bestimmte
pseudowissenschaftliche Ambitionen der Philosophie.
STANDARD: Würde sich Wittgenstein, wenn er unser
Zeitgenosse wäre, in der heutigen akademischen Welt zurechtfinden? Hätte
er da überhaupt eine Chance mit seiner Form des Denkens?
Kusch:Diese Fragen gelten zum einen nicht nur für
Wittgenstein, sondern für die gesamte Generation seiner Zeit. Zum
anderen darf man nicht vergessen, dass Wittgenstein, würde er heute
leben, natürlich auch ganz anders akademisch sozialisiert worden wäre.
Insofern läuft das Argument, dass Wittgenstein in der heutigen
akademischen Welt wohl keine Chance hätte, etwas ins Leere. Hätte er das
heutige Universitätssystem durchlaufen, würde er gewiss Projektanträge
schreiben und Drittmittel einwerben. Und wahrscheinlich hätte er sich
angewöhnt, etwas schneller zu schreiben und häufiger zu publizieren.
STANDARD: Sie haben kürzlich ein großes
Forschungsprojekt in der Höhe von 2,5 Millionen vom Europäischen
Forschungsrat bewilligt bekommen. Hätte Wittgenstein so wie Sie einen
solchen Advanced Grant des ERC beantragt?
Kusch:Das ist natürlich eine sehr hypothetische
Frage. Wittgenstein hat jedenfalls recht wenig mit anderen Leuten
zusammengearbeitet, während es für dieses Projekt nötig ist, ähnlich wie
in den Naturwissenschaften in einem Team zusammenzuarbeiten. Womöglich
wäre diese Art der Teamarbeit für Wittgenstein eher unerträglich
gewesen.
STANDARD: Sie scheinen damit wenig Schwierigkeiten zu haben, obwohl man sich Philosophen doch gemeinhin als einsame Denker vorstellt.
Kusch:Ich habe auch schon früher Fachartikel und
Bücher gemeinsam mit Kollegen geschrieben. Für mich liegt gerade darin
etwas besonders Reizvolles und Spannendes von solchen großen Projekten:
gemeinsam forschen zu können. Meiner Arbeitsweise kommt das jedenfalls
sehr entgehen, und ich bin davon überzeugt, dass Teamarbeit der
Philosophie überhaupt nicht abträglich ist – im Gegenteil: Man lernt
viel dabei, wenn man sich mit Kollegen ständig auseinandersetzen muss.
...
Martin Kusch, geboren 1959 in Leverkusen, ist seit
2009 Professor für Angewandte Wissenschaftstheorie an der Universität
Wien. Vor seiner Professur war Kusch von 1997 an Dozent und Professor an
der Universität Cambridge. Zahlreiche Buchpublikationen, unter anderem
zu Ludwig Wittgenstein.
Pressemitteilung der Universität Tübingen und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung: Tübinger Wissenschaftler erforschen die Wanderungswellen des frühen Menschen
Der anatomisch moderne Mensch hat sich von Afrika
aus in mehreren Wanderungswellen nach Asien und Europa ausgebreitet.
Die ersten Vorfahren heutiger Menschen nahmen dabei wahrscheinlich schon
vor rund 130.000 Jahren eine südliche Route über die Arabische Halbinsel in Richtung Asien. Zu diesem Ergebnis kommen Professorin Katerina Harvati
und ihre Mitarbeiter vom Institut für Naturwissenschaftliche
Archäologie der Universität Tübingen und dem Senckenberg Center for Human Evolution
and Palaeoenvironment in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität
von Ferrara, Italien, und dem Nationalmuseum für Naturgeschichte,
Frankreich.
Die Forscher überprüften verschiedene hypothetische
Ausbreitungsszenarios anhand geografisch möglicher Routen, genetischer
Daten und vergleichender Schädeluntersuchungen. Als Resultat setzen sie
die erste Auswanderungswelle aus Afrika im Mittleren statt im Späten
Pleistozän und damit früher an, als bisherige Untersuchungen ergeben
hatten. Eine zweite Ausbreitungswelle ins nördliche Eurasien erfolgte
ihren Untersuchungen zufolge vor rund 50.000 Jahren. Ihre Ergebnisse
veröffentlichen die Wissenschaftler in der Online-Ausgabe Online Early Edition der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences.
Dass alle heutigen Menschen von einer Population abstammen, die vor
100.000 bis 200.000 Jahren in Afrika lebte, ist unter Wissenschaftlern
kaum umstritten. Doch bisher gingen viele beim Auszug unserer Vorfahren
aus Afrika von einer einzigen Wanderungsbewegung vor 50.000 bis 75.000
Jahren aus. Dafür schien die Beobachtung zu sprechen, dass die
genetische Vielfalt und die morphologische Diversität der Menschen mit
wachsender geografischer Entfernung vom subsaharischen Südafrika
abnahmen. Neuere Ergebnisse genetischer, archäologischer und
paläoanthropologischer Studien stellen dieses Szenario jedoch in Frage.
Die Forscher um Professorin Katerina Harvati überprüften die beiden
gängigen Out-of-Africa-Hypothesen einer einzelnen gegenüber mehrfachen
Wanderungsbewegungen der anatomisch modernen Menschen aus
Afrika. In ihren Untersuchungen nutzten sie Daten anatomischer
Schädelvergleiche heutiger Menschen aus verschiedenen Regionen, neutrale
genetische Daten und die zurückzulegenden Distanzen der verschiedenen
möglichen Ausbreitungsrouten. Ebenso wurden basierend auf den
genetischen Daten und dem jeweiligen Ausbreitungsmodell die Zeitspannen
berechnet, die zur Aufspaltung der Populationen notwendig waren. Jedes
Ausbreitungsszenario ist mit spezifischen geografischen und zeitlichen
Voraussetzungen verbunden. Diese bekannten Parameter stellten die
Forscher den neutralen biologischen Distanzen aus den genetischen und
anatomischen Untersuchungen gegenüber.
„Beide Beweisketten, sowohl die anatomischen Schädelvergleiche als
auch die genetischen Daten, sprechen für mehrfache Auswanderungswellen“,
sagt Katerina Harvati. Eine erste Gruppe unserer Vorfahren brach vor
rund 130.000 Jahren von Afrika aus
auf und wanderte an der Küste der Arabischen Halbinsel entlang bis nach
Australien und in das Gebiet des Westpazifiks. „Australier, Papuas und
Melanesier blieben nach dieser frühen Ausbreitung über die Südroute
zunächst relativ isoliert“, sagt Hugo Reyes-Centeno, Erstautor der
Studie und Mitarbeiter des Tübinger Forscherteams. „Andere asiatische
Populationen scheinen dagegen einer späteren Auswanderungswelle zu
entstammen, die vor etwa 50.000 Jahren von Afrika aus ins nördliche
Eurasien aufkam.“
Die Forscher gehen davon aus, dass weitere Feldstudien sowie
Fortschritte in der Genetik die Befunde zu den Wanderrouten der
urgeschichtlichen Menschen besser absichern und weitere Details in der
raumzeitlichen Auflösung liefern können. Bisher lässt sich nur
spekulieren, ob zum Beispiel starke Dürrezeiten in Ostafrika in der Zeit
zwischen 135.000 und 75.000 Jahren die Wanderungen ausgelöst und die
Entwicklung der menschlichen Populationen beeinflusst haben könnten. Die
südliche Route umfasst ein großes geografisches Gebiet, in dem zum
jetzigen Zeitpunkt nur wenige archäologische und anthropologische
Forschungen stattgefunden haben und welches daher für künftige
Forschungen sehr vielversprechend ist.
Abbildungen für die Medien sind erhältlich bei :
Universität Tübingen, Hochschulkommunikation, Tel. 07071 29 77853, janna.eberhardt[at]uni-tuebingen.de
Publikation:
Hugo Reyes-Centeno, Silvia Ghirotto, Florent Détroit, Dominique
Grimaud-Hervé, Guido Barbujani, Katerina Harvati: Genomic and Cranial
Phenotype Data Support Multiple Modern Human Dispersals from Africa and a
Southern Route into Asia. Proceedings of the National Academy of
Sciences, Online Early Edition in der Woche vom 21. April 2014.
Kontakt:
Prof. Dr. Katerina Harvati
Universität Tübingen – Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment
Telefon +49 7071 29-76516
katerina.harvati[at]ifu.uni-tuebingen.de
aus Die Presse, Wien, 20. 4. 2014 shock wave from star known as Kappa Cassiopeiae
Dem Ursprung des Sternenstaubs auf der Spur
Wenn
es im All staubt, entstehen Winde. Astrophysiker der Universität Wien
haben ein neues Modell entwickelt, um Sternenstaub zu erforschen.
von Alice Grancy
Wir alle sind aus
Sternenstaub, heißt es. Tatsächlich stammen wesentliche Elemente des
menschlichen Körpers aus dem Inneren von Sternen. Sternenstaub ist
insgesamt wichtiger Bestandteil der Materie unseres Sonnensystems. Ein
Blick in den Sternenhimmel ist aber nicht nur
ein Blick in die Entstehungsgeschichte des Menschen und der Erde.
Kosmischer Staub ist zentral für die Evolution des Universums: Er ist
für den Massenverlust sonnenähnlicher Sterne bedeutsam und damit für
deren weitere Entwicklung.
Den Ursprüngen des kosmischen Staubs auf der Spur sind
Wissenschaftler des Instituts für Astrophysik der Universität Wien.
„Staub entsteht vor allem in den äußeren Schichten weit entwickelter
Sterne, den sogenannten Roten Riesen“, sagt Walter Nowotny, der in der
Sternwarte der Universität Wien forscht. Diese Himmelskörper mit großer
Ausdehnung und besonders hoher Leuchtkraft stehen daher im Fokus der
Wiener Forschergruppe.
Staub ist überall.
Staub
ist im All in verschiedener Form zu finden: Die beobachtbaren schwarzen
Bahnen in der Milchstraße enthalten Staubpartikel, die Licht schlucken.
Von Dunkelwolken spricht man, wenn Staub das Licht der Sterne blockiert.
Und schließlich finden sich präsolare, also aus der
Zeit vor der Entstehung des Sonnensystems stammende Staubkörner, in
Meteoriten. Sternenstaub wird damit greifbar, wenn er in versteinerter
Form auf der Erde landet.
Physiker
und Mineralogen haben eine eher nüchterne Definition von Staub:
„Gemeint sind mikroskopisch kleine Festkörper in der Größenordnung von
Mikrometern, die physikalisch, chemisch und mineralogisch
charakterisierbar sind“, so Nowotny. Für den
Astrophysiker ist Staub vor allem als wichtiger Bestandteil der Materie
im Universum von Interesse. Insgesamt macht kosmischer Staub zwar nur
rund ein Prozent der Materie im Universum aus. „Sternenstaub ist aber
dennoch besonders wichtig, da darin etwa die Hälfte der schweren
Elemente gebunden ist: Staubpartikel „transportieren“ etwa Masse oder
Impuls und sind damit entscheidend für verschiedene physikalische
Effekte“, so Nowotny.
Bildet sich ein Staubkorn in den äußeren Schichten
eines Roten Riesen, wird es durch die Strahlung im Stern-inneren
wegkatapuliert. Die Teilchen übertragen dabei den Impuls auf die
benachbarten Gasteilchen. Dabei entstehen Winde mit einer
Geschwindigkeit von etwa 15 Kilometern pro Sekunde – das sind 54.000
Kilometer pro Stunde. Möglich ist das nur unter den speziellen
Bedingungen, wie sie in den Atmosphären der Roten Riesen vorherrschen:
hohe Dichten und zugleich niedrige Temperaturen. Niedrige Temperatur
bedeutet dabei etwa 1500 Kelvin, das sind rund 1200 Grad Celsius. „Nur
unter solchen Bedingungen können sich Atome zu Molekülen
zusammenschließen und Staubkörner bilden.“ Zukunft der Sonne.
Wird
Materie weggeschleudert, ergibt sich daraus ein enormer Massenverlust
für den Stern. In ihrer Entwicklung haben Rote Riesen ein Endstadium
sonnenähnlicher Sterne erreicht. „Sie zu beobachten ist damit zugleich
ein Ausblick in die Zukunft unserer Sonne“, so Nowotny. Wird Materie in
großen Massen ins All katapultiert, bleibt als Rest ein sogenannter
Weißer Zwerg. Er ist stark komprimiert und leuchtschwach. Ein Blick in
die Zukunft, die für menschliche Maßstäbe noch in weiter Ferne liegt:
„Der Lebenszyklus der Sonne dauert mehr als zehn Milliarden Jahre,
aktuell ist die Sonne circa fünf Milliarden Jahre alt.“ Halbzeit für die
Sonne also.
Für ein möglichst rundes Gesamtbild nähern sich die
Forscher dem komplexen Thema aus drei Perspektiven: Sie beobachten mit
Teleskopen, arbeiten im Labor und führen Modellrechnungen am Computer
durch. „Erst das Zusammenspiel der Methoden erlaubt ein tieferes
Verständnis der Vorgänge im Weltall“, sagt Nowotny. Auch wenn das
Projektziel – den Ursprung des kosmischen Staubs besser zu verstehen –
wie ein „winziger Puzzlestein“ wirkt: Gemeinsam mit vielen anderen
sollen die Erkenntnisse ein besseres Bild vom Universum ergeben.
Für
solche Beobachtungen sind spezielle Weltraumteleskope notwendig, da die
Phänomene nicht durch die Erdatmosphäre beobachtbar sind. „Rote Riesen
haben sehr typische Spektren. Das beobachtbare Licht ist dabei durch die
Moleküle und Staubteilchen in den kühlen Atmosphären der Sterne geprägt
“, so Nowotny. Die Infrarotspektroskopie ist das
Werkzeug, um den Sternenstaub physikalisch zu untersuchen. Denn: Staub
ist nicht gleich Staub. Auch im All gibt es unterschiedliche Arten, die
Mineralogen unter die Lupe nehmen. In den Sternwinden bilden sich
verschiedene Mineralien. Bei den Roten Riesen häufig sind etwa
silikatische Mineralien, die man auch auf der Erde findet, zum Beispiel
Olivine.
Modelle am Computer.
Schließlich
modellieren die Forscher am Computer, wie sich die Staubbildung auf die
beobachtbaren Spektren der Sterne auswirkt. Hier setzt Nowotny den Fokus
seiner Arbeit: „Die Simulation erlaubt uns besondere Einblicke“, sagt
er und wählte dazu einen neuen Zugang: Bei bisherigen Untersuchungen lag
der Fokus entweder auf der staubfreien Sternatmosphäre oder der
Windregion weit entfernt vom Stern. Anhand von Modellen, die alle
relevanten Sternschichten berücksichtigen, bildete Nowotny am Computer
Sternspektren nach, die möglichst nahe an der Realität sind. Dazu nutzte
der Wiener Astrophysiker verschiedene Modellierungsansätze. Einmal
standen Fragen zur Mineralogie im Vordergrund: Welche Staubart
entwickelt sich wo und mit welcher Teilchengröße? Und: Wie zeigen sich
die verschiedenen Staubarten in den Infrarotspektren? Pulsierende Sterne.
In
einem zweiten Ansatz berücksichtigte Nowotny auch die Pulsation im
Sterninneren, ihre Effekte auf die atmosphärischen Schichten und das
Licht, das ins All dringt. „Mit den neuen Computermodellen lassen sich
nicht nur dynamische Aspekte wie die Entstehung von Wind nachstellen,
sondern es können auch sehr charakteristische Eigenschaften der Roten
Riesen wie etwa deren Lichtvariationen bei verschiedenen Wellenlängen
simuliert werden.“ Stimmen die Details mit den Beobachtungen überein,
erlaubt dies Rückschlüsse, ob ein physikalisches Szenario zutrifft. Mit
seinem Modell der Simulation von Sternatmosphäre, Staubbildung und Wind
hat Nowotny den Spielraum für Weltraumuntersuchungen am Computer
jedenfalls erweitert.
Rote Riesen sind besonders helle, kühle und große Sterne. Sie entwickeln sich aus mit unserer Sonne vergleichbaren Sternen. Massenverlustbedeutet
bei sonnenähnlichen Sternen, dass sich in ihren äußeren Schichten
Staubpartikeln bilden und ins All geschleudert werden. Die Teilchen
übertragen dabei den Impuls auf das Gas in der Umgebung. Dadurch
entstehen starke Winde.
aus scinexx Ultrakalte Neutronen zwischen zwei Platten als Messhilfe Dunkle Energie: Weniger Platz für exotisches Feld Messungen mit ultrakalten Neutronen machen die Quintessenz-Theorie unwahrscheinlicher
Die Natur der Dunklen Energie ist weiter
unklar. Aber neue Messungen machen ein exotisches Feld als Erklärung
unwahrscheinlicher. Denn sie haben den Bereich stark eingeengt, in dem
sich ein solches Feld noch verbergen könnte – um das mehr als
Zehntausendfache. Gelungen ist dies dem europäischen Forscherteam mit
ungewöhnlichen Mitteln: Sie nutzten ultrakalte Neutronen als
Messwerkzeuge.
Fast drei Viertel des Kosmos sind nach gängiger Annahme mit
Dunkler Energie angefüllt – einer geheimnisvollen Kraft, die der
Gravitation entgegenwirkt. Sie ist vermutlich dafür verantwortlich, dass
sich das Universum ausdehnt – und dies immer schneller. Welcher Natur
diese Dunkle Energie
aber ist, darüber kann bisher nur spekuliert werden. Eine mögliche
Erklärung wäre Einsteins Kosmologische Konstante – und somit eine
intrinsische Eigenschaft des Raums selbst. Deshalb nimmt sie auch zu,
wenn sich der Raum ausdehnt.
Eine andere Erklärung liefert die "Quintessenz"-Hypothese: "Vielleicht ist der
leere Raum nicht leer, sondern durch ein unbekanntes Feld erfüllt,
ähnlich dem Higgs-Feld", erklärt Hartmut Abele von der TU Wien. Im
Gegensatz zur Kosmologischen Konstante könnte dieses Feld in Raum und
Zeit variieren. Untersucht wurden die Eigenschaften der Dunklen Energie
bisher vor allem im kosmischen Maßstab– beispielsweise durch Messungen
der Expansion des Universums.
Quantenzustände als Messhilfe
Doch Abele und seine Kollegen haben sich auf das andere Extrem verlegt:
den Mikrokosmos. Bereits 2011 entwickelten Abele und sein Kollege Tobias
Jenke dafür die Methode der Gravitations-Resonanz-Spektrometrie. Bei
dieser werden ultrakalte Neutronen, die ungeladenen Bausteine der
Atomkerne, zwischen zwei parallele, horizontale Platten gebracht. Nach derQuantentheorie
können die Neutronen in diesem Zustand nur diskrete Quantenzustände
einnehmen – und diese werden wiederum durch die Gravitation beeinflusst,
die auf die Teilchen wirkt.
Wirkt die Dunkle Energie, beispielsweise in Form eines Quintessenz-Felds
auf dieses System ein, dann müsste sich dies in winzigen Abweichungen
von dem theoretisch Vorhergesagten bemerkbar machen. Um diese winzigen
Schwankungen zu messen, versetzen die Forscher eine der
Platten in Schwingungen mit sich verändernder Frequenz. Entspricht eine
der Frequenzen genau der Energiedifferenz zwischen zwei
Quantenzuständen, gibt es einen Resonanzeffekt und das Neutron springt
in einen höheren Energiezustand. Dieses Ereignis können die Forscher
messen und damit die genaue Lage der Quantenzustände – und mögliche
Abweichungen - bestimmen.
Weniger Raum für "Chamäleon"-Effekt
Diese Methode haben Jenke, Abele und ihre Kollegen nun genutzt, um eine
der Quintessenz-Theorien zu überprüfen - das sogenannte
Chamäleon-Szenario. Dieses beschreibt eine bestimmte Form der
Wechselwirkung zwischen dem Feldpotenzial der Dunklen Energie und der
Materie. Die aktuellen Messungen ergaben jedoch bisher keine Hinweise auf
eine solche Wechselwirkung. "Wir haben keine Abweichungen von den
etablierten Newtonschen Gesetzen der Schwerkraft detektiert", berichtet
Abele.
Das bedeutet auch, dass der Bereich, in dem sich diese rätselhaften
Feldwirkungen noch verbergen könnten, damit erheblich verkleinert wird.
Die neuen Daten senken die in bisherigen Messungen festgestellte
Obergrenze um das mehr als Zehntausendfache ab, wie die Forscher
berichten. "Wir können dadurch eine große Spannbreite von Parametern
ausschließen", sagt Abele.
Die Suche geht weiter
Noch ist damit das Chamäleon-Szenario oder die Quintessenz-Theorie nicht
vom Tisch. Denn theoretisch ist es immer noch möglich, dass es
neuartige physikalische Felder oder Kräfte unterhalb der momentanen
Auflösungsgrenze der Gravitations-Resonanz-Spektrometrie gibt. Die
Forscher arbeiten daher daran, ihre Methode weiter zu verfeinern. Eine
Steigerung der Genauigkeit um einige Größenordnungen halten sie dabei
für durchaus machbar.
Sollte sich allerdings auch dann kein Hinweis auf exotische Felder und
deren Wechselwirkungen finden, dann spräche das für Einsteins
Kosmologische Konstante – und dafür, dass die Dunkle Energie doch eine
ureigene Eigenschaft des Raumes selbst ist. ( Physical Review Letters, 2014)