Freitag, 12. April 2019

Spiegelneuronen - gibt's die?

Symbolbild: Wanderratte
aus Die Presse, Wien,


Zumindest Ratten haben Zellen, die Schmerz spiegeln
Neurologen konnten erstmals Spiegelneuronen für Gefühle finden.



Von „Dalai-Lama-Neuronen“ und „Empathiezellen“ sprach der US-Neurologe Vilayanur Ramachandran; Umweltaktivist Jeremy Rifkin sah in ihnen das „biosphärische Bewusstsein“ verkörpert: Die Spiegelneuronen, erstmals 1992 an Makaken beschrieben, waren in den Nullerjahren der größte Hype der Pop-Psychologie.

Tatsächlich hat die Idee etwas Bestechendes, man könne das Mitgefühl in einzelnen Neuronen orten, die bei fremdem Leid genauso feuern wie bei eigenem. Sie hat nur einen Haken: Bisher konnte man bei Menschen solche Neuronen nicht identifizieren, und auch bei Tieren fand man nur Spiegelneuronen, die Handlungen spiegeln, nicht aber Emotionen. Dabei weiß man gut, wo im Hirn solche Nervenzellen sitzen könnten: im anterioren cingulären Cortex (ACC), der etwa aktiv ist, wenn man Schmerzen leidet, aber auch, wenn man sieht, wie ein Mitmensch leidet (bei Psychopathen ist im zweiten Fall die Aktivität schwächer als bei mitfühlenden Menschen). Auch bei Ratten, die ja recht soziale Wesen sind, funktioniert der ACC so. Dennoch ist es schwer, einzelne Neuronen zu identifizieren, die just Schmerzen spiegeln. Schließlich messen auch ins Hirn implantierte Elektroden stets nur die Aktivität einer größeren Menge von Zellen. 

Mit einem komplizierten Auswerteverfahren – man könnte fast künstliche Intelligenz dazu sagen – gelang es nun Neurologen um Christian Keyers (Amsterdam), bei Ratten „emotional mirror neurons“ zu finden, und zwar zwei Sorten: auf Schmerz und auf Angst spezialisierte. Offenbar, so die Forscher in Current Biology (29, 11. 4.), werde im ACC einer Ratte „die Erfahrung eines anderen Tieres“ – diesfalls ein offensichtlicher leichter Elektroschock – „auf ein Mosaik von schmerz- und angstsensitiven Neuronen abgebildet“, und das löse die für Ratten typische Reaktion auf bedrohliche Situationen aus: Schreckstarre. Die Injektion eines betäubenden Medikaments in den ACC verhindere diese Reaktion. (tk)


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