Donnerstag, 21. Februar 2019

Optische Täuschung durch Verzögerungs-Effekt.

Pinna-Brelstaff-Illusion
aus scinexx

Gehirn verarbeitet Scheinbewegungen bestimmter Illusionen verzögert 

Wahrnehmung auf Irrwegen: Warum sieht unser Gehirn mitunter Bewegungen, wo keine sind? Offenbar ist ein neuronaler Verzögerungseffekt verantwortlich dafür, wie Forscher nun am Beispiel der sogenannten Pinna-Brelstaff-Illusion herausgefunden haben. Demnach benötigen bestimmte Neuronen im visuellen Cortex für die Verarbeitung von Scheinbewegungen länger als für reale. Dies führt dazu, dass die Bewegung zunächst nicht als Illusion enttarnt werden kann.  

Unsere visuelle Wahrnehmung täuscht uns immer wieder Tatsachen vor, die nicht der Realität entsprechen. Dies lässt sich anhand von optischen Illusionen eindrücklich demonstrieren. Schauen wir uns zum Beispiel das oben gezeigte statische Bild an: Fixieren wir den Punkt in der Mitte und bewegen unseren Kopf langsam auf das Bild zu, scheinen die Kreise plötzlich zu rotieren. Doch welche neuronalen Prozesse liegen diesem als Pinna-Brelstaff-Illusion bekannten Täuschungsphänomen zugrunde?

Um dies herauszufinden, hat ein Forscherteam um Junxiang Luo von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Shanghai nun Versuche mit Makaken durchgeführt. Denn die Affen verfügen über ein ähnliches visuelles Verarbeitungssystem wie wir. Für ihre Studie trainierten die Wissenschaftler die Tiere zunächst darauf, ein Zeichen zu geben, wenn sie Rotationen in sich tatsächlich bewegenden Bildern wahrnahmen. Anschließend konfrontierten sie sie mit der Pinna-Brelstaff-Illusion – und auch hier sahen die Affen offenbar Rotationsbewegungen.

Dieselben neuronalen Muster

Damit war klar: Auch bei Makaken funktioniert diese optische Täuschung. Was aber passiert dabei in ihrem Gehirn? Dies konnten die Forscher im Detail beobachten, weil sie den Affen Elektroden implantiert hatten. Es zeigte sich: Genau jene Neuronen im visuellen Cortex, die reale Fließbewegungen wie Rotationen repräsentieren, feuern auch bei der Bewegungsillusion. Das heißt: Die Illusion wird im Gehirn zunächst wie eine echte Bewegung dargestellt.

Schuld daran ist ein Verzögerungseffekt, wie Luos Team herausfand. Bewegen wir unseren Kopf auf das Bild zu oder weg von ihm, nimmt unsere Retina lokale Bewegungsreize wahr. Diese Informationen werden von bestimmten Neuronen isoliert verarbeitet und an einen anderen Hirnbereich weitergeleitet. Die Neuronen im Empfänger-Areal müssen erst die einzelnen Bewegungssignale kombinieren, um schließlich das große Ganze zu erkennen – zum Beispiel, dass sich das Bild selbst nicht bewegt.

Verzögerte Verarbeitung

Dafür benötigen die Neuronen bei Scheinbewegungen jedoch deutlich mehr Zeit als normalerweise – die Verarbeitung der Reize dauert in diesem Fall rund 15 Millisekunden länger. Genau diese Verzögerung könnte den Forschern zufolge dazu führen, dass das Gehirn die scheinbare Bewegung des Bildes als reale Tatsache wahrnimmt und sie nicht als Illusion enttarnt.

Warum es zu dieser Verzögerung kommt, ist zwar noch unklar. Mit der Entschlüsselung dieses Effekts liefert Luos Team jedoch ein neues Puzzleteil, um das Rätsel um unsere visuelle Wahrnehmung – und ihre Schwächen – zu lösen. „Die Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Realität zu erforschen, hilft uns, das visuelle Gehirn besser zu verstehen“, schließen die Forscher. (Journal of Neuroscience, 2019; doi: 10.1523/JNEUROSCI.2112-18.2019)

Quelle: Society for Neuroscience

JE

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