aus scinexx
Auch Kakadus gucken voneinander ab
Soziale Weitergabe des Werkzeuggebrauchs erstmals bei Vögeln beobachtet
Figaro als "Vorturner"
Jetzt haben Figaro und seine Kollegen erneut für Aufsehen gesorgt. Denn in einem Experiment gelang ihnen etwas, das bisher nur von Primaten bekannt war: das "Abgucken" des Werkzeuggebrauchs. Alice Auersperg von der Universität Wien und ihre Kollegen ließen sechs Kakadus zuschauen, wie Figaro sein Stöckchen einsetzte, um eine Nuss aus einer vergitterten Versuchsbox herauszuholen.
Drei weitere Kakadus sahen, wie eine Nuss scheinbar von selbst auf Figaro zuwanderte – sie wurde unsichtbar durch einen Magneten bewegt. Weitere drei sahen, wie ein Stock – ebenfalls durch einen unsichtbaren Magneten gesteuert - die Nuss auf Figaro zuschob. Anschließend wurden alle Kakadu-"Schüler" ihrerseits vor eine Versuchsbox gesetzt und durften ihr Glück versuchen.
Soziale Weitergabe funktioniert
Wie sich zeigte, machte das Vorbild des "Lehrers" Figaro Schule: Alle sechs Kakadus, die ihm bei der Werkzeugnutzung zugesehen hatten, begannen eifrig, mit den bereitgelegten Holzstäbchen herumzuexperimentieren. Die drei Männchen hatten nach vier bis fünf "Schulstunden" den Dreh raus und angelten die Nuss nun ebenfalls mit einem Holzstöckchen aus dem Gitterkäfig. Die Weibchen gaben dagegen auf - wahrscheinlich, weil sie es gewohnt sind, gefüttert zu werden.
"Das ist der erste Beleg für eine soziale Weitergabe der Werkzeugnutzung bei einem Vogel", konstatieren die Forscher. Denn nur wenn die Vögel einen ihrer Artgenossen in Aktion sahen, wie bei Figaro der Fall, ließen sie sich zur Werkzeugnutzung inspirieren. Bewegte sich nur die Nuss oder das Stäbchen wie von allein, konnten sie damit offenbar nicht viel anfangen.
Prinzip begriffen und verbessert
Doch damit nicht genug: Die drei erfolgreichen Nachahmer kopierten nicht nur, sondern entwickelten ihre ganz eigene Technik. Während Figaro von oben mit dem Stöckchen hinter die Nuss zielte und diese dann zu sich herschob, nutzten die drei anderen Kakadus eher eine Schleudertechnik:
Sie legten das Stöckchen auf den Boden und schoben es so in den Gitterkäfig hinein, dass sein Ende hinter der Nuss lag. Dann packten sie das Stöckchen so geschickt am anderen Ende, dass es eine schnellende Vorwärtsbewegung machte und die Nuss aus dem Käfig katapultierte. Wie die Forscher berichten, war diese Methode deutlich effektiver als die von Figaro – die Schüler hatten damit nicht nur von ihrem Lehrer gelernt, sondern ihn sogar noch übertroffen.
Anregung zum "Do-it-Yourself"-Bau
Einer der Goffin-Kakadus erwies sich zudem als ganz besonders innovativ: Er lernte nicht nur ein Werkzeug zu benutzen, sondern begann in einem weiteren Experiment sogar, sich ebenfalls Holzstöckchen aus einem größeren Holzstück herauszuknabbern – obwohl er diese Technik nie zuvor bei einem anderen Artgenossen gesehen hatte. Nach Ansicht der Forscher belegt dies, dass die soziale Weitergabe der Werkzeugnutzung nicht nur zu Variationen in der Nutzungstechnik anregt, sondern auch weitere innovative Verhaltensweisen in diesem Kontext fördert.
"Es ist ein großer Unterschied, ob man einfach nur das Verhalten seines Lehrers nachahmt oder ob man dessen Erfolgsprinzip übernimmt, dann aber seine eigene Methode daraus entwickelt", erklärt Koautor Alex Kacelnik von der Oxford University. Denn Letzteres sei ein kreativer Prozess, der durch das soziale Lernen angestoßen wird – und damit anspruchsvoller als das bloße Kopieren. (Proceedings of the Royal Society B, 2014; doi: 10.1098/rspb.2014.0972)
(Royal Society / Universität Wien, 03.09.2014 - NPO)
Nota.
Wir sehen: Es wird immer schwieriger, das spezifisch Menschliche durch unsere Intelligenz zu definieren. Wohin man immer schaut - die Unterschiede werden immer fließender. Wenn es bei der Intelligenz lediglich um Steigerung ginge, wäre der Unterschied zwischen Mensch und Tier ganz relativ. Damit Intelligenz zu Vernunft wird, ist aber eine qualitative Zutat nötig.
JE
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