Frühe Menschenartige waren zumindest zeitweise Waldbewohner
Forscher fanden in Afrika 18 Millionen Jahre alte Überreste eines Waldes, zu dessen Bewohnern auch der Primat Proconsul zählte
Auf der Insel Rusinga im Viktoriasee hat ein internationales Team von Wissenschaftern die Überreste eines dichten urzeitlichen Waldes entdeckt. Die zahlreichen Fossilien geben einen hervorragenden Einblick in die Lebenswelt in dem Biotop vor rund 18 Millionen Jahren. Doch ein Fund stellte die übrigen Entdeckungen in den Schatten: Die Forscher legten im ursprünglichen Waldboden Knochen eines frühen Menschenartigen frei - und gelangten dadurch zu einer lange gesuchten Antwort: Erstmals liegen nun Beweise vor, dass die schwanzlosen Affen der Gattung Proconsul wenigstens zeitweise in einem sehr dichten Wald lebten. Die Ergebnisse wurden jetzt im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlicht.
Etwa zu jener Zeit, als die ersten Menschenartigen entstanden, begann der Ostafrikanische Graben sich zu öffnen. Über Millionen von Jahren hin bildete sich dadurch zeitgleich eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume. Da sich ändernde Umweltbedingungen einen starken Selektionsdruck auf Arten ausüben, waren diese variablen Lebensbedingungen auch eine Triebkraft für die Evolution von Affen und Frühmenschen.
Die Savanne, die heute so charakteristisch für große Landstriche Afrikas ist, gab es damals noch nicht: Afrika war teils dicht bewaldet. Im kenianischen Teil des Viktoriasees auf der Insel Rusinga haben Forscher der Baylor University, Texas, USA, sowie anderer Universitäten und Dr. Thomas Lehmann, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, die 18 Millionen Jahre alten fossilen Überreste eines Waldstück entdeckt und untersucht. Hier ist eine ganze Lebensgemeinschaft dokumentiert: Blätter, Baumstümpfe, Stämme, Wurzelsysteme, Wirbeltiere und Wirbellose Tiere. Dort, buchstäblich an den Fuß eines dieser Baumstämme, fanden die Forscher auch fossile Überreste von Proconsul, einer der ältesten Gattungen von Menschenartigen (Hominoiden). Dies ist der erste Beweis, dass Proconsul tatsächlich auch im Wald lebte.
Unterschiedliche Umweltvorlieben
Proconsul ist für die Wissenschaft ein alter Bekannter: Diese Art ist durch zahlreiche Fossilien an verschiedenen Fundstellen Ostafrikas belegt. Aber an welchen Lebensraum war dieser Affe angepasst? Das war bisher unbekannt. "Frühere Arbeiten an den Fossilien-Fundstellen auf Rusinga deuteten auf eine Vielfallt gegensätzlicher Umweltvorlieben des Proconsul hin. Keine dieser früheren Arbeiten konnte den Proconsul eindeutig einem spezifischen Habitat zuordnen", erklärt Daniel Peppe, Junior-Professor für Geologie an der Baylor University.
Anatomisch scheint der Proconsul vielseitig in seiner Fortbewegungsweise: Seine große Zehe und die Art, wie die Muskeln daran angesetzt haben müssen, deuten darauf hin, dass er mit den Füßen greifen konnte. Aber Schulter, Ellenbogen und Arme zeigen, dass er sich auch auf allen Vieren fortbewegte: Proconsul war für das Leben im Wald geeignet, konnte aber auch in offenen Landschaften zurecht kommen. Nun ist sicher, dass die Art zumindest für einige Zeit auch im Wald vorkam.
Waldheimat des Proconsul
Doch Wald ist nicht gleich Wald. Da sich das fossile Waldstück auf Rusinga in einem bemerkenswert detaillierten Zustand erhalten hat, können es die Wissenschafter sehr genau beschreiben und diesen Lebensraum eines frühen Menschenartigen als Ganzes betrachten. Die Bäume sind mit Wurzeln und so gruppiert erhalten, wie sie einmal gewachsen sind. Die Forscher konnten ausmessen, wie weit die Bäume auseinander standen, wie breit die Stammdurchmesser waren und wieviel Blattmasse anfiel. Daraus lässt sich berechnen wie dicht und feucht der Urwald war. In diesem Wald waren neben den frühen Menschenartigen auch verschiedene Nagetiere, Fleischfresser und Eichhörnchen beheimatet. Es war ein sehr dichter Wald mit großen, ein Kronendach bildenden Bäumen von bis zu 160 Zentimetern Stammdurchmesser.
Doch gab es diesen Wald nur für eine begrenzte Zeit. Spuren des Proconsul dagegen finden sich auch in anderen Grabungsschichten. Für diese Art war das Leben im Wald also nur eine neben anderen Optionen – was zeigt, dass die ältesten Menschenartigen über große Anpassungsfähigkeit in dynamischen Lebensräumen verfügten.
"Seit den 1940er Jahren wird in Rusinga nach Fossilien gesucht. Aber erst jetzt wurden diese Baumstämme gefunden", erläutert Dr. Thomas Lehmann die Besonderheit der Fundstätte: "Nur durch die Zusammenarbeit von Geologen, Paläoanthropologen, Paläobotanikern, und Paläontologen konnte der Lebensraum dieser Frühmenschen vollständig untersucht werden und diese wechselnden Umgebungsbedingungen feststellen." (red.)
Forscher fanden in Afrika 18 Millionen Jahre alte Überreste eines Waldes, zu dessen Bewohnern auch der Primat Proconsul zählte
Auf der Insel Rusinga im Viktoriasee hat ein internationales Team von Wissenschaftern die Überreste eines dichten urzeitlichen Waldes entdeckt. Die zahlreichen Fossilien geben einen hervorragenden Einblick in die Lebenswelt in dem Biotop vor rund 18 Millionen Jahren. Doch ein Fund stellte die übrigen Entdeckungen in den Schatten: Die Forscher legten im ursprünglichen Waldboden Knochen eines frühen Menschenartigen frei - und gelangten dadurch zu einer lange gesuchten Antwort: Erstmals liegen nun Beweise vor, dass die schwanzlosen Affen der Gattung Proconsul wenigstens zeitweise in einem sehr dichten Wald lebten. Die Ergebnisse wurden jetzt im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlicht.
Etwa zu jener Zeit, als die ersten Menschenartigen entstanden, begann der Ostafrikanische Graben sich zu öffnen. Über Millionen von Jahren hin bildete sich dadurch zeitgleich eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume. Da sich ändernde Umweltbedingungen einen starken Selektionsdruck auf Arten ausüben, waren diese variablen Lebensbedingungen auch eine Triebkraft für die Evolution von Affen und Frühmenschen.
Die Savanne, die heute so charakteristisch für große Landstriche Afrikas ist, gab es damals noch nicht: Afrika war teils dicht bewaldet. Im kenianischen Teil des Viktoriasees auf der Insel Rusinga haben Forscher der Baylor University, Texas, USA, sowie anderer Universitäten und Dr. Thomas Lehmann, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, die 18 Millionen Jahre alten fossilen Überreste eines Waldstück entdeckt und untersucht. Hier ist eine ganze Lebensgemeinschaft dokumentiert: Blätter, Baumstümpfe, Stämme, Wurzelsysteme, Wirbeltiere und Wirbellose Tiere. Dort, buchstäblich an den Fuß eines dieser Baumstämme, fanden die Forscher auch fossile Überreste von Proconsul, einer der ältesten Gattungen von Menschenartigen (Hominoiden). Dies ist der erste Beweis, dass Proconsul tatsächlich auch im Wald lebte.
Unterschiedliche Umweltvorlieben
Proconsul ist für die Wissenschaft ein alter Bekannter: Diese Art ist durch zahlreiche Fossilien an verschiedenen Fundstellen Ostafrikas belegt. Aber an welchen Lebensraum war dieser Affe angepasst? Das war bisher unbekannt. "Frühere Arbeiten an den Fossilien-Fundstellen auf Rusinga deuteten auf eine Vielfallt gegensätzlicher Umweltvorlieben des Proconsul hin. Keine dieser früheren Arbeiten konnte den Proconsul eindeutig einem spezifischen Habitat zuordnen", erklärt Daniel Peppe, Junior-Professor für Geologie an der Baylor University.
Anatomisch scheint der Proconsul vielseitig in seiner Fortbewegungsweise: Seine große Zehe und die Art, wie die Muskeln daran angesetzt haben müssen, deuten darauf hin, dass er mit den Füßen greifen konnte. Aber Schulter, Ellenbogen und Arme zeigen, dass er sich auch auf allen Vieren fortbewegte: Proconsul war für das Leben im Wald geeignet, konnte aber auch in offenen Landschaften zurecht kommen. Nun ist sicher, dass die Art zumindest für einige Zeit auch im Wald vorkam.
Waldheimat des Proconsul
Doch Wald ist nicht gleich Wald. Da sich das fossile Waldstück auf Rusinga in einem bemerkenswert detaillierten Zustand erhalten hat, können es die Wissenschafter sehr genau beschreiben und diesen Lebensraum eines frühen Menschenartigen als Ganzes betrachten. Die Bäume sind mit Wurzeln und so gruppiert erhalten, wie sie einmal gewachsen sind. Die Forscher konnten ausmessen, wie weit die Bäume auseinander standen, wie breit die Stammdurchmesser waren und wieviel Blattmasse anfiel. Daraus lässt sich berechnen wie dicht und feucht der Urwald war. In diesem Wald waren neben den frühen Menschenartigen auch verschiedene Nagetiere, Fleischfresser und Eichhörnchen beheimatet. Es war ein sehr dichter Wald mit großen, ein Kronendach bildenden Bäumen von bis zu 160 Zentimetern Stammdurchmesser.
Doch gab es diesen Wald nur für eine begrenzte Zeit. Spuren des Proconsul dagegen finden sich auch in anderen Grabungsschichten. Für diese Art war das Leben im Wald also nur eine neben anderen Optionen – was zeigt, dass die ältesten Menschenartigen über große Anpassungsfähigkeit in dynamischen Lebensräumen verfügten.
"Seit den 1940er Jahren wird in Rusinga nach Fossilien gesucht. Aber erst jetzt wurden diese Baumstämme gefunden", erläutert Dr. Thomas Lehmann die Besonderheit der Fundstätte: "Nur durch die Zusammenarbeit von Geologen, Paläoanthropologen, Paläobotanikern, und Paläontologen konnte der Lebensraum dieser Frühmenschen vollständig untersucht werden und diese wechselnden Umgebungsbedingungen feststellen." (red.)
Abstract
Nature Communications: Remnants of an ancient forest provide ecological context for Early Miocene fossil apes
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen