Mittwoch, 11. Juli 2018

Jedes Gehirn ist einzigartig.

Schweizerischer Depeschendienst, 10.7.2018



Jedes Gehirn ist einzigartig – fast wie ein Fingerabdruck
Dass Erfahrungen im Gehirn Spuren hinterlassen, ist schon lange bekannt. So weisen Profimusiker oder Schachspielerinnen Besonderheiten in den Hirngebieten auf, die sie für ihre Tätigkeit besonders stark beanspruchen.

Doch auch kürzere Ereignisse können sich in der Hirnanatomie niederschlagen. Wird beispielsweise der rechte Arm für zwei Wochen ruhiggestellt, reduziert sich die Dicke der Hirnrinde in den Gebieten, die für die Kontrolle des immobilisierten Armes zuständig sind.


Die Forschungsgruppe um Lutz Jäncke, Professor für Neuropsychologie an der Universität Zürich, ging nun der Frage nach, ob man anhand bestimmter anatomischer Merkmale des Gehirns auf die Person schliessen kann, der das Organ gehört. «Wir vermuteten, dass solche Erfahrungen, die sich aufs Hirn auswirken, mit genetischen Veranlagungen interagieren und sich so im Laufe der Jahre bei jeder Person eine ganz individuelle Hirnanatomie entwickelt», wird Jäncke in einer Mitteilung der Universität Zürich zitiert.

Um ihre Vermutung zu überprüfen, untersuchten die Forschenden die Gehirne von 191 gesunden älteren Personen. Dafür unterzogen sich diese dreimal während eines Zeitraums von zwei Jahren einer Magnetresonanztomografie. Berechnet wurden 450 neuroanatomische Merkmale, darunter auch sehr allgemeine wie das Gesamtvolumen des Gehirns, die Dicke der Hirnrinde oder das Volumen der grauen und weissen Substanz.

Für jede Person konnten die Wissenschafter schliesslich eine individuelle Kombination von neuroanatomischen Kennwerten ausmachen. Die Identifikationsgenauigkeit lag selbst bei den sehr allgemeinen neuroanatomischen Kennwerten bei über 90 Prozent, wie die Forscher im Wissenschaftsjournal «Scientific Reports» berichteten.

«Mit unserer Studie konnten wir bestätigen, dass das Gehirn des Menschen sehr individuell aufgebaut ist», sagte Jäncke. So beeinflusse die Kombination von genetischen und nichtgenetischen Einflüssen offenbar nicht nur die Funktionsweise des Gehirns, sondern auch dessen Anatomie.

In den Studienresultaten spiegelt sich für Jäncke nicht zuletzt die grosse Entwicklung in seinem Fachgebiet: «Noch vor dreissig Jahren ging man davon aus, dass das menschliche Gehirn bloss wenige oder gar keine individuellen Merkmale aufweist», erklärt der Neuropsychologe. Doch die Magnetresonanztomografie und die Software zur Auswertung digitalisierter Hirnscans haben sich inzwischen stark verbessert.


Nota. - Wird jemals ein Mensch (oder eine Maschine) eines Andern Gedanken lesen können? Es bedürfte einer Maschine, die die mit Bild-gebenden Verfahren gewonnenen Informationen aus dem analogen Modus in den digitalen übersetzen könnte - denn anders ist Bedeutung nicht darzustellen. Das setzte voraus, dass Bedeutungen Objektiva wären, denen irgendwann willkürliche Zeichen objektiv zugeordnet werden könn- ten. Das sind sie schlechterdins nicht.

Man könnte allenfalls - und das ist in Ansätzen geschehen - herausfinden, welche (vernommenen) Bedeu- tungen ein Individuum regelmäßig in welche Bilder umzusetzen pflegt. Dann ließen sich die Bilder in Be- deutungen rückübersetzen - für dieses Individuum und für jede Bedeutung extra. Gäbe es ein Standard- hirn, das wir im großen Ganzen alle miteinander teilen - wie eine Leber oder eine Niere -, ließe sich theo- retisch eine Standardliste erstellen - die allerdings nur ungefähr gelten könnte. Das bedeutet praktisch, dass sie nicht gelten würde; denn bei Bedeutungen kommt es auf Feinheiten an. Mehr als eine Feinheit ist aber, ob eine beobachtete Bild-Bedeutung im Frage- oder gar Verneinungsmodus gemeint ist - die schechtedings auf analoge Weise gar nicht wiedergegeben werden können.



Diese Überlegungen werden hinfällig, wenn das Gehirn eines jeden sich in seinem Aufbau von dem eines jeden andern unterscheidet. Dann ist eine Standardisierung von Bild-Bedeutungen ausgeschlossen. Man darf sich diese Horrorvision getrost aus dem Kopf schlagen.
JE


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