aus nzz.ch,6.10.2016, 20:00 Uhr
Menschenaffen können «Gedanken lesen»
Primaten
erkennen in einem Experiment, wie sich ein Mensch täuschen lässt.
Demnach beherrschen sie komplexere Formen der «theory of mind».
Menschenaffen können «Gedanken lesen»
Menschen können sich in andere hineinversetzen und sich überlegen, was jemand als Nächstes tun könnte. Diese Fähigkeit des «Gedankenlesens» wird «theory of mind» genannt. Auch Menschenaffen sind zu einem gewissen Grad dazu fähig. Laut Studien verstehen sie erstaunlich gut, was ein Artgenosse will oder wissen kann.
Doch wenn es darum geht, eine falsche Annahme («false belief») bei einem Gegenüber vorherzusagen, versagten Menschenaffen bis anhin immer. Nun zeigt eine Studie in der Zeitschrift «Science» erstmals, dass sie unter bestimmten Umständen doch dazu fähig sind. Dabei erkannten sie, wie sich ein Mensch täuschen liess.
King Kong trickst Beobachter aus
Die Forscher zeigten den Menschenaffen einen Film, in dem ein Mensch dabei zuschaut, wie ein als King Kong verkleideter Mann etwas in einem Heuhaufen versteckt. Dann gab es zwei Szenarios. Entweder King Kong versteckte das Objekt vor den Augen des Beobachters in einem zweiten Heuhaufen oder erst, nachdem dieser hinter einer Tür verschwunden war. In beiden Fällen holte King Kong das Objekt wieder heraus und verschwand damit von der Bildfläche, bevor der Beobachter zurückkam.
Die Forscher zeigten den Menschenaffen einen Film, in dem ein Mensch dabei zuschaut, wie ein als King Kong verkleideter Mann etwas in einem Heuhaufen versteckt. Dann gab es zwei Szenarios. Entweder King Kong versteckte das Objekt vor den Augen des Beobachters in einem zweiten Heuhaufen oder erst, nachdem dieser hinter einer Tür verschwunden war. In beiden Fällen holte King Kong das Objekt wieder heraus und verschwand damit von der Bildfläche, bevor der Beobachter zurückkam.
Um
die Gedanken von Schimpansen und Orang-Utans zu lesen, zeichneten die
Forscher deren Augenbewegungen mit einem Eye-Tracker nach, wie man es
auch bei der Erforschung von Kleinkindern macht. In dem Szenario, in dem
der Mensch nicht dabei war, als das Objekt woanders versteckt wurde,
zeigte die Blickrichtung von 17 der 22 untersuchten Menschenaffen auf
den ersten Heuhaufen. Demnach erwarteten sie, dass der Mensch im ersten
Versteck nachschauen würde, obwohl sie wussten, dass es nicht mehr dort
war.
Das Wissen des anderen
Laut
den Forschern haben die Tiere damit die erste Hürde zu einer
komplexeren «theory of mind» genommen. Es sei das erste Mal, dass ein
nichtmenschliches Tier eine Version des «false belief»-Tests bestanden
habe. Damit sei diese Fähigkeit kein alleiniges Wesensmerkmal der
Menschen, sagt Krupenye laut einer Mitteilung des Max-Planck-Instituts
für evolutionäre Anthropologie, Leipzig.
Die
Fähigkeit des «false belief» gilt als eine höhere Form der «theory of
mind», weil dabei der Wissensstand des Gegenübers, der sich nicht mit
dem eigenen deckt, berücksichtigt werden muss.
Alternative Erklärung möglich
Die
Forscher geben allerdings zu bedenken, dass es eine mögliche
abweichende Erklärung für die Reaktion der Affen geben könnte. So
könnten die Tiere glauben, der Beobachter im Film suche grundsätzlich
nach Dingen, selbst wenn dieser wisse, dass sie nicht mehr da seien.
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