Mittwoch, 1. Juli 2015

Raum, Zeit, Gedächtnis.

aus DiePresse.com, 30.06.2015 | 09:42  

Österreichischer Forscher findet Hauptuhr des Gehirns
Der Mediale Entorhinale Cortex sendet zeitliche Informationen an das Lernzentrum. Auf diesem Weg könnte man die Gedächtnisfunktionen verbessern.

In einer Gehirnregion namens "Medialer Entorhinaler Cortex (MEC)" haben Säugetiere einen Plan ihrer Umgebung gespeichert. Seine Zellen senden dem Lernzentrum (Hippocampus) aber vorwiegend zeitliche Informationen, fand der österreichische Biologe Stefan Leutgeb mit einem Team heraus. Er ist damit vermutlich die "Hauptuhr" des Gehirns, erklären die Forscher im Fachmagazin "Nature Neuroscience".

Erinnerungen bilden

Für die Navigation im Raum spiele der Entorhinale Cortex dennoch eine entscheidende Rolle, indem er für zeitliche Präzision sorgt, so Leutgeb, der an der University of California in San Diego (USA) forsch. Damit Erinnerungen (zum Beispiel an die Umgebung) gebildet werden können, sei eine zeitlich gut abgestimmte Aktivität der Nervenzellen nötig, denn sonst würden die Informationen durcheinandergebracht, und in der falschen Reihenfolge gespeichert. Was vermutlich fatal ist, wenn man sie anschließend abrufen und sich irgendwo zurechtfinden will.
Die Forscher hatten Zellen im MEC von Ratten manipuliert und untersucht, wie sich das auf die Informationsübertragung an den Hippocampus auswirkt. Bisher habe man angenommen, dass vor allem räumliche Informationen von den "Rasterzellen" (grid cells) im MEC an die "Ortszellen" (place cells) im Hippocampus gesendet werden. "Wir haben aber herausgefunden, dass hauptsächlich das präzise Timing der neuronalen Aktivitäten im Hippocampus von Signalen aus dem MEC abhängt", erklärte Leutgeb.
Gedächtnisfunktionen verbessern

Das interne Navigationssystem ist bei vielen Nervenkrankheiten wie Alzheimer, Schizophrenie, nach einem Schlaganfall und Gehirnverletzungen gestört, so der Forscher. "Unsere Erkenntnisse weisen darauf hin, dass Behandlungen, die bei solchen Gehirnstörungen das präzise Timing der Nervenaktivitäten wiederherstellen, auch die Gedächtnisfunktionen verbessern können", meint er.
(APA)

Nota. - Raum und Zeit sind "in Wahrheit" ein Kontinuum, nur unsere Vorstellung reißt sie auseinander. Und unsere Vorstellung ist nichts anderes als eine Anpassungsleistung an unsere Lebensbedingungen im Mesokosmos. Für uns wird ein Raum durch die Bewegung, die wir machen, um ihn zu durchlaufen. Zuerst bin ich hier, nachher bin ich dort. Ich kann mir den Raum nur als Weg vorstellen, aber an den Weg kann ich mich nur in der Zeit erinnern.
JE

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen