Dürer, Melencolia
aus derStandard.at, 8. Juni 2018
Wie Depression das
Gedächtnis beeinträchtigt
Während einer depressiven Phase, bildet das Gehirn weniger Nervenzellen,
zeigt eine Computersimulation – es erholt sich allerdings wieder
Bei einer schweren Depression können Patientinnen und Patienten unter so
starken kognitiven Einschrän- kungen leiden, dass man in manchen Fällen
von einer Pseudo-Demenz spricht. Anders als bei der klassischen Form der
Demenz verbessert sich das Erinnerungsvermögen wieder, wenn die
depressive Phase abklingt.
Um diesen Prozess zu verstehen, entwickelten die Bochumer Forscher ein
Computermodell, das die Besonderheiten des Gehirns von Patienten mit
einer Depression widerspiegelt. Sie testeten, wie gut das Modell in der
Lage ist, sich neue Dinge einzuprägen und bereits gespeicherte
Erinnerungen abzurufen.
Wie bei echten Patienten wechselten sich auch in dem Computermodell
depressive Phasen und Phasen ohne Symptome ab. Dabei bezogen die
Forscher mit ein, dass Menschen in einer depressiven Phase weniger neue
Nervenzellen bilden als in einer symptomfreien Phase.
Alte und neue Erinnerungen
In früheren Modellen waren Erinnerungen nur als ein einziges
Aktivitätsmuster gespeichert worden. Die Gruppe um Sen Cheng modellierte
Erinnerungen nun als Abfolge von mehreren Aktivitätsmustern. "So können
auch zeitliche Abfolgen von Ereignissen im Gedächtnis gespeichert
werden", sagt Sen Cheng.
Wie die Forscher erwartet hatten, konnte das Computermodell Erinnerungen
genauer abrufen, wenn der zuständige Teil des Gehirns viele neue
Nervenzellen bilden konnte. Wurden weniger neue Nervenzellen gebildet,
war es schwieriger für das Gehirn, ähnliche Erinnerungen zu
unterscheiden und getrennt abzu- rufen. Das Modell hatte aber nicht nur
Probleme, aktuelle Erinnerungen während einer depressiven Phase
abzurufen. Es fiel ihm auch schwerer, auf Erinnerungen zurückzugreifen,
die vor der Depression entstanden waren.
Je länger eine depressive Phase andauerte, desto weiter zurückliegende
Erinnerungen waren betroffen. "Bisher geht man davon aus, dass nur
während einer Depression Gedächtnisstörungen auftreten", erklärt Sen
Cheng. "Wenn unser Modell recht hat, hätten Depressionen weitreichendere
Konsequenzen. Alte Erinnerungen könnten bleibend geschädigt werden,
selbst wenn die Depression bereits abgeklungen ist." (red.)
Nota. - Das ist mir ganz neu, dass die Genauigkeit, mit der 'ich' in 'meinem' Gehirn Erinnerungen auffinde, davon abhängt, wie viele Nervenzellen die betreffende Gehirnregion im selben Moment neu bildet. Ich kann mir auch keinen Reim darauf machen. Ich ahne noch nicht einmal, wovon es abhängt, wieviele Nervenzellen mein Gehirn wann neu bildet. Nur so viel weiß ich jetzt: Während einer akuten Depression sind es nur wenige. Was aber sagt uns das?
JE
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