Dienstag, 8. Mai 2018

Menschenrassen, gibts die?

aus  nzz.ch, 20.4.2018, 05:30 Uhr                                          

von Markus Schär
 

... Wir alle sind auch Abkömmlinge der Neandertaler: Wir tragen zu rund zwei Prozent das Erbgut unserer Verwandten in uns, die seit ihrer Entdeckung 1856 als primitive Vormenschen galten. Zu dieser Erkenntnis kamen die Genetiker in den letzten zehn Jahren. Sie schlossen aus den Spuren, die sich in unserem Erbgut finden, dass die kleine Gruppe von Homo sapiens, die aus Afrika auszog, vor 50 000 Jahren im Nahen Osten mit Neandertalern Kontakte pflegte, auch sexuelle. Deshalb geben die modernen Menschen auf allen Kontinenten die Gene der verachteten Verwandten weiter – ausser in Afrika, wo sich Homo sapiens in seiner unvermischten Form durchsetzte.

Angenommen, es wäre umgekehrt: Die Europäer, die Asiaten und die Amerikaner würden den modernen Menschen in seiner reinen Gestalt verkörpern, nur die Afrikaner das primitive Erbe der als minderwertig angesehenen Neandertaler weitergeben. Liesse sich ein solcher Befund in einem akademischen Klima veröffentlichen, das die Erkenntnis ängstlich der politischen Korrektheit opfert? Über solchen Fragen tobt derzeit in den USA ein Streit unter Intellektuellen. ...




aus epochtimes.de, 24. 4. 2018

Gentechniker David Reich entzündet Streit über Rassen und Erbgut in den USA
Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse könnten beweisen, dass genetische Unterschiede zwischen menschlichen Rassen doch weitaus mehr bedeuten, als nur "soziales Konstrukt".
David Reich – Professor für Genetik in Harvard ist  Autor des aktuellen Buches: „Who We Are and How We Got Here: Ancient DNA and the New Science of the Human Past“. Auf deutsch: „Wer wir sind und wie wir hierher kamen: Alte DNA und die neue Wissenschaft der menschlichen Vergangenheit“.

Reich vermied es in seinem Beitrag, die Emotionen zu sehr anzustacheln. Er setzte auch den Begriff „Rasse“ in Anführungszeichen. Vorsichtig formulierte der Wissenschaftler seine Erkenntnisse zur Genetik des Menschen

„Rasse“- ein soziales Konstrukt?

Es gibt dazu eine Vorgeschichte verschiedenartiger Publikationen: Die Anthropologin Ashley Montagu veröffentlichte im Jahr 1942, “Man’s Most Dangerous Myth:The Fallacy of Race“ – „Der gefährlichste Mythos des Menschen: Der Irrtum der Rasse“. Dieses Buch wurde sehr einflussreich und argumentiert, dass Rasse ein soziales Konzept ohne genetische Grundlage sei.

Das klassischste Beispiel hierbei sei die unterschiedliche Definition von „schwarz“. In den USA ist eine Person aus dem historischen Kontext gesehen schwarz, „wenn sie eine afrikanische Abstammung südlich der Sahara hat“. In Brasilien sei eine Person nicht schwarz, wenn man weiß, dass sie eine europäische Abstammung hat. 

Wenn schwarz auf verschiedene Menschen in unterschiedlichen Kontexten verweist, wie kann das dann eine genetische Grundlage dafür sein?“, berichtet „The New York Times“ in ihrem Artikel über das Buch von David Reich. 

Gentechniker Richard Lewontin veröffentlichte 1972 eine wichtige Studie über die Variation der Proteintypen im Blut. Er unterschied die von ihm untersuchten menschlichen Populationen in sieben „Rassen“ – West-Eurasier, Afrikaner, Ostasiaten, Südasiaten, Indianer, Ozeanier und Australier. Dabei konnte Lewontin feststellen, dass „etwa 85 Prozent der Variationen der Proteintypen durch Variationen innerhalb der Populationen und „Rassen“ und nur 15 Prozent durch Variationen über sie hinaus verursacht werden konnten.

Die Menge der Unterschiede zwischen den Menschen seien im Wesentlichen „Unterschiede zwischen den Individuen“. Daraufhin wurde die Theorie geboren, dass es unter den Menschen keine Unterschiede gebe, die groß genug seien, um das Konzept der „biologischen Rasse“ zu unterstützen.

Nun wurde argumentiert – Rasse sei ein „soziales Konstrukt“ – eine Art der Kategorisierung von Menschen, die sich im Laufe der Zeit und über Ländergrenzen hinweg verändert hätten, so schreibt Reich weiter. 

Es stimmt, dass Rasse ein soziales Konstrukt ist. Es ist auch wahr, wie Dr. Lewontin schrieb, dass menschliche Populationen sich in genetischer Hinsicht bemerkenswert ähnlich sind, so David Reich in seinem Artikel. 

Dieser Konsens, laut Reich, habe sich im Laufe der Zeit scheinbar, ohne hinterfragt zu werden, zur „Orthodoxie“ entwickelt. Doch diese Forschung – egal wie gut gemeint – liege auf „einem rutschigen Abhang“. Denn dies sei ein Ergebnis der Sorge um den Missbrauch der biologischen Differenz, die in Anlehnung an die Vergangenheit von Sklavenhandel und die Eugenikbewegung, zu verstehen sei, so Reich weiter.

Genetisches Erbe

Die interessanten Studien Reichs in seinem Buch bieten zunächst einmal Argumente für die Orthodoxie. Er sagt: „Die Menschen, die heute an einem Ort leben, stammen fast nirgends ausschließlich von den Menschen ab, die in der fernen Vergangenheit an diesem Ort lebten.“

Nur bei wenigen Urvölkern, wie bei den „San“ in der südafrikanischen Kalahari, seien alle Populationen aus Wanderungen hervorgegangen, bei denen es auch zu Sexualkontakten gekommen sei.

Im Erbgut der Westeuropäer sind Spuren ganz verschiedener Populationen zu finden. Da sind „die Jäger und Sammler, die sich vor 50 000 Jahren entlang dem Mittelmeer ausbreiteten und später vom Kaukasus aus nach Westen vordrangen.“

Auch wurde genetisches Material von Bauern, die vor 8800 Jahren von Anatolien auswanderten, gefunden. Ebenso das von einem Reitervolk – das aus der Steppe kam und im dritten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung den Kontinent überrannte – und das Erbgut der Westeuropäer prägen sollte.

Dazu käme noch die „Erinnerung an die Paarungen mit den Neandertalern, die rund 300 000 Jahre in Europa lebten.“ Aus diesem Grund meinte David Reich, stimme das Bild eines Stammbaums des Menschen nicht. „Es gab nie einen einzigen Stamm – seit je sehen wir Mischungen“, so David Reich, zitiert von „Neue Zürcher Zeitung“.

„Unerwünschte Erkenntnisse“

Doch bei seinen Forschungen über die Völkerwanderung kommt der Gentechniker auch zu den sogenannten „unerwünschten Erkenntnissen.“ Er fand heraus, dass die Jamnaja, die vor fünftausend Jahren aus der Steppe nördlich des Schwarzen Meeres nach Westeuropa, aber auch nach Nordindien vordrangen – nicht nur ihre Sprache durchsetzten – sondern auch ihre Gene. Das bildete die Urform der indogermanischen Familie. 

Das Heilige Buch der Hindu – Rigveda – beschreibt die Einwanderung dieses weißen Volkes und dort werden sie als „Arier“ bezeichnet. Doch nachdem das Interesse der Nazis im Dritten Reich an der „indogermanischen“ Vergangenheit groß war, konnten sich europäische Forscher nur noch schwer Gedanken diesbezüglich machen“, beschreibt David Reich. 

Reich fragt sich, warum sich bei fast allen Finalisten des 100-Meter-Laufs an den Olympischen Spielen seit 1980, Erbgut aus Westafrika finden lässt. Es hatte sich herausgestellt, dass es zwischen Populationen genetische Unterschiede gibt. Diese sind nicht nur auf die Hautfarbe begrenzt, sondern zeigen sich auch in der Körpergröße, in Krankheitsanfälligkeit oder eben in der Fähigkeit, schnell zu laufen zu können, berichtet die „Neue Zürcher Zeitung“. 

„Es ist wichtig, sich dem zu stellen, was die Wissenschaft offenbart, ohne das Ergebnis vorwegzunehmen, und mit der Gewissheit, dass wir reif genug sein können, um mit den Ergebnissen umzugehen“, so David Reich zur „New York Times“.
(vm)


Nota. - Wenn die Völker sich genetisch nicht unterscheiden, kann nicht eines einem andern genetisch überlegen sein. Doch wenn sie sich unterscheiden - kann dann eines einem andern überlegen sein? Gewiss - in Hinblick auf dieses oder jenes. Unlängst habe ich hier einen Beitrag gepostet, nachdem ein südasiati- sches Seenomadenvolk aufgrund einer genetischen Veränderung länger unter Wasser bleiben kann als andere Völker. Wenn sich heraustellen sollte, dass die Überlegenheit kenianischer Landstreckenläufer über die Läufer aus andern Völkern genetisch bedingt ist, dann... wären zumindest einige kenianische Ethnien andern Völkern im Langlauf überlegen.

Ja und?

Rassismus ist nicht aus wissenschaftlichen Irrtümern entstanden, sondern aus dem tiefverwurzelten Miss- trauen der Menschen gegen das Fremde. Das kommtt aus unserer Stammesgeschichte und spielte eine wichtige Rolle in der Selbsterhaltung der primitiven Gemeinschaften. Moderne Gesellschaften sind längst darüber hinaus, und in der Marktwirtschaft, wo ein jeder einem jeden als prinzipiell gleichberechtigter Austauschender begegnen soll, bringt es mehr Nachteile als Vorteil. 

Der größte davon ist, dass sich Fremdenhass und Rassismus politisch kapitalisieren lassen und Rechtsstaat und Liberalität gefährden. Die entscheidende Stärke der modernen Zivilation ist der Aufstieg der Wissen- schaften in den letzten vierhundert Jahren. Nicht, dass wissenschaftliche Argumente gegen Demagogen etwas ausrichten könnten - das müssen schon andere tun. Deren Kraft aber beruht allerdings auf der Wis- senschaft. Einzelne wissenschaftliche Abwege mögen irritieren, doch ohne dies ist Wissenschaft nicht möglich. Zu den primitiven Vorurteilen, die sich demagogisch ausschlachten lassen, gehört vielmehr Wissenschaftsfeindlichkeit. Eine zeitgenössische Spielart ist political correctness.
JE

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