aus derStandard.at, 14. Mai 2017, 11:00
Experiment am Übergang
zwischen Quantenphysik und Relativitätstheorie
Österreichische Forscher testeten das Phänomen der Verschränkung unter
anderem mit einer Zentrifuge
Wien – Die Quantenphysik und die Relativitätstheorie sind wohl die zwei
wichtigsten Säulen der modernen Physik. Sie basieren aber auf Konzepten,
die nicht unterschiedlicher sein könnten. Angestrebt wird, in einer
zukünftigen Theorie alle physikalischen Vorgänge auf ein Grundprinzip
zurückzuführen und auch diese beiden Theorien mit einzuschließen.
Bisher verlief die Suche nach einer solchen Theorie, die alle Kräfte im
Universum beschreibt und deshalb auch als "Weltformel" oder "Theorie von
Allem" bezeichnet wird, allerdings ergebnislos – auch weil es bisher an
Experimenten am Übergang zwischen Quantenphysik und die
Relativitätstheorie mangelte.
"Es ist das erste Experiment, das es in diese Richtung gibt"
Genau solche Versuche haben Physiker des Instituts für Quantenoptik und
Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften (ÖAW) sowie den Universitäten Wien und Queensland
(Australien) durchgeführt. Sie haben untersucht, ob das
quantenphysikalische Phänomen der Verschrän- kung auch im freien Fall und
bei hohen Beschleunigungen – und damit bei relativistisch relevanten
Bedin- gungen – bestehen bleibt. "Es ist das erste Experiment, das es in
diese Richtung gibt", erklärte Rupert Ursin, Forschungsgruppenleiter am
IQOQI.
Verschränkung nennt sich in der Quantenphysik ein Zustand von zwei
Teilchen, die über beliebig große Distanzen miteinander verbunden
bleiben. Sind etwa Photonen verschränkt, dann bewirkt die Messung des
Zustandes eines der beiden Teilchen, dass das andere augenblicklich
genau den gleichen Zustand einnimmt – wie zwei Würfel, bei denen zum
Messzeitpunkt der eine automatisch die gleiche zufällige Augenzahl
anzeigt wie der andere.
Die Box, die Matratze und der Fall
Das Phänomen wird von Physikern beispielsweise für verschiedene
Quantenkommunikations-Experimente genutzt. Weil sie die Technologie
dafür mittlerweile sehr gut beherrschen, konnten die Physiker der
öster- reichisch-australischen Kooperation ein Verschränkungs-Experiment
sehr kompakt und robust bauen. Die Quelle für verschränkte
Photonenpaare, die notwendigen Detektoren, Batterie, Computer, etc.
passt in eine Box von der Größe zweier Bierkisten.
Diese Box ließen Ursins Doktorand Matthias Fink und Kollegen am Institut
für Leichtbau und Kunststoff- technik der Technischen Universität Dresden
im freien Fall aus zwölf Meter Höhe auf Matratzen fallen. "Wir konnten
den Versuch ohne Probleme zehn Mal wiederholen, was uns genug
statistische Daten für die Publikation lieferte", zeigte sich Fink über
die Robustheit der Technologie begeistert. Die Studie erschien in
"Nature Communications".
Test in der Zentrifuge
Zudem setzten sie die Box in einer großen Materialzentrifuge in
Ranshofen, in der üblicherweise Flugzeug- bauteile getestet werden, der
30-fachen Erdbeschleunigung aus. Während des freien Falls und während
der Zentrifugalbeschleunigung wurde laufend die Güte der Verschränkung
gemessen und per W-LAN übertra- gen.
Im stationären Betrieb im Labor sind bei einem solchen Versuch von 1.000
verschränkten Photonenpaaren zehn bis zwanzig nicht verschränkt. "Genau
diese Güte sehen wir auch in beiden Beschleunigungsexperi- menten", sagte
Ursin. Das heißt, dass unter den untersuchten Bedingungen die Güte der
Verschränkung nicht eingeschränkt ist. Die Obergrenze des Einflusses von
relativistisch relevanten Beschleunigungen liegt somit bei der
30-fachen Erdbeschleunigung.
Die Wissenschafter wollen nun den Aufbau der Experimente-Box noch
wesentlich stabiler machen, damit sie weit höheren Belastungen
standhält. Ursin nennt etwa Möglichkeiten mit speziellen Zentrifugen,
mit denen man eine millionenfache Erdbeschleunigung erzeugen kann.
Selbst bei einer solchen Beschleuni- gung ist es nicht sicher, ob man
Auswirkungen auf die Verschränkung sehen würde, "aber irgendwann
versagen die beiden Theorien bei der Beschreibung von Phänomenen
vollständig, spätestens am Level des Planck'schen Wirkungsquantum", so
Ursin. Um dorthin zu gelangen, würde man allerdings gigantische
Teilchenbeschleuniger benötigen. (APA, red.)
Link
Nature Communications: "Experimental test of photonic entanglement in accelerated reference frames"
Nota. - Lieber Leser, zu gern würde ich das kommentieren können. Doch leider verstehe ich nicht genug davon, um auch nur zu erkennen, was dieses Experiment über eine mögliche Beziehung von Quantenphysik und Relativitätstheorie aussagt. Wenn Sie in der glücklichen Lage sind, mir und den andern Lesern mit ein paar erläuternden Sätzen behilflich zu sein, möchte ich Sie herzlich darum bitten!
JE
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