Haben Pflanzen ein Gedächtnis?
Französische
Forscher sagen: Ja! Sie wollen Beweise dafür gefunden haben, dass
Pflanzen Erfahrungen abrufen können und in diesem Sinne lernfähig sind.
Dass Pflanzen viel mehr sind als empfindungslos dahinwuchernde
Gewächse, ist mittlerweile Common Sense: Man weiß etwa, dass sie auf
Lichtreize reagieren, dass sie chemische Substanzen wahrnehmen und
Vibrationen spüren oder dass sie ein Sensorium für das Schwerefeld der
Erde haben. Überdies besitzen sie auch so etwas wie „Intelligenz“ – und
zwar in dem Sinne, dass sie Probleme lösen können: Sie nützen ihre
Sinneswahrnehmungen, um Gefahren abzuwenden und ihre Lebensbedingungen
zu optimieren.Pflanzen haben natürlich kein spezielles Nervensystem oder Gehirn. Dennoch werden Sinnesreize durch elektrische, chemische oder hydraulische Signale über Leiterbahnen in den Pflanzen übermittelt, die an ganz anderen Stellen eine Wirkung zeitigen können – etwa Abwehrstoffe gegen Fressfeinde bilden.
Damit aber noch nicht genug: Zusätzlich zu solchen direkten Reaktionen, die Sekunden bis Minuten nach einem Reiz erfolgen, gibt es auch Wirkungen, die erst Wochen oder Monate später erfolgen – und zwar nur unter ganz bestimmten Umständen. Der französische Biologe Michel Thellier erklärt dies damit, dass Pflanzen über ein Gedächtnis verfügen, in dem Erfahrungen gespeichert werden, die zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder abgerufen werden können. In seinem eben ins Deutsche übersetzten Buch „Haben Pflanzen ein Gedächtnis?“ (132 S., 20,55 Euro, Springer) beschreibt er zahlreiche Experimente mit Flachs-Keimlingen oder jungen Paradeiserstauden, in denen zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, dass die Reaktionen auf bestimmte Stimuli von der Vorgeschichte der Pflanzen abhängen. Man könnte also etwas zugespitzt sagen, dass auch Pflanzen lernfähig sind und ihre Erfahrungen abrufen können, wenn sie sie benötigen.
Wie dieses Gedächtnis funktioniert, weiß man erst in Ansätzen. Bekannt ist, dass sich nach einem Reiz elektrische Wellen in einer Pflanze ausbreiten und sich in der Folge die Konzentrationen mancher Proteine verändern. Spekuliert wird, dass das mit dem Aus- und Einschalten bestimmter Gene (Epigenetik) zusammenhängen könnte. Wenn das wirklich der Fall ist, wäre es nicht ausgeschlossen, dass Gelerntes auch an die nächste Pflanzengeneration weitergegeben werde könnte. Für die Pflanzenzucht könnte das völlig neue Türen öffnen.
Doch so weit ist man noch nicht, es gibt noch sehr viele Wissenslücken. Botaniker leben jedenfalls in spannenden Zeiten.
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