Urmaterie im Miniformat erzeugt
Zurück zum Urknall: Physiker haben die bisher kleinsten Tröpfen des Quark-Gluon-Plasmas erstellt – der „Ursuppe“ des Universums. Die primordiale Materieform entstand in einem US-Teilchenbe- schleuniger bei Kollisionen von Protonen, Deuteriumkernen und Heliumkernen mit Gold. Spannend auch: Die winzigen, kurzlebigen Tröpfchen der Urmaterie waren auffallend geometrisch geformt – sie glichen Kugeln, Ellipsen oder Dreiecken, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Physics“ berichten.
Wenige Millionstel Sekunden nach dem Urknall gab es noch keine Protonen, Neutronen oder Atome. Stattdessen bewegten sich Quarks und Gluonen frei in einem Plasma umher – einer Art kosmischen Ursuppe. Wie ungewöhnlich und extrem dieses Quark-Gluon-Plasma war, enthüllen Kollisionsexperimente in Teilchenbeschleunigern wie dem Large Hadron Collider (LHC) oder dem Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC) in den USA. Beim Zusammenprall von schweren Blei- oder Goldkernen lassen sich in ihnen für Sekundenbruchteile kleine Tropfen dieser Urmaterie erzeugen.
Demnach ist das Quark-Gluon-Plasma die wahrscheinlich flüssigste Flüssigkeit des Universums, ihre Reibung und Viskosität sind nahezu gleich null. Gleichzeitig kann diese Urmaterie auch schneller rotieren als jede andere bekannte Flüssigkeit – zehn Trilliarden Mal in der Sekunde. Sie erzeugt demnach auch die schnellsten Wirbel des Universums.
Winzige Quark-Gluon-Tröpfchen
Jetzt haben neue Kollisionen am RHIC weitere Überraschungen zur Urmaterie enthüllt – und die kleinsten Quark-Gluon-Tröpfchen der Welt erzeugt. Für ihre Experimente ließen die Forscher der PHENIX-Kollaboration im Teilchenbeschleuniger Goldkerne mit deutlich kleineren Atomkernen zusammenprallen. Neben Protonen waren dies Deuterons aus einem Proton und einem Neutron sowie Helium-3-Kerne aus zwei Protonen und einem Neutron.
Bisher hielt man solche asymmetrischen Kollisionen für zu massearm, um die nötigen Energien für ein Quark-Gluon-Plasma freizusetzen. Doch das erweist sich nun als Irrtum. Denn wie die Physiker feststellten, entstanden auch bei den Kollisionen mit Protonen, Deuteriumkernen und Helium-3-Kernen winzige, kurzlebige Tröpfchen des Quark-Gluon-Plasmas – eine echte Überraschung.
„Unsere Ergebnisse haben damit uns näher an eine Antwort auf die Frage gebracht, welches die kleinstmögliche Größe ist, in der diese Urmaterie existieren kann“, erklärt Jamie Nagle von der PHENIX-Kollaboration.
Die Geometrie des Tropfens richtet sich nach der Form der Ausgangsteilchen. © Javier Orjuela Koop
Kugeln, Ellipsen und Dreiecke
Überraschend auch: Diese winzigen Tröpfchen der Urmaterie hatten
auffallend geometrische Formen: Das Quark-Gluon-Plasma aus den
Protonenkollisionen war kugelförmig, das der Deuterons war elliptisch
und das der Helium-3-Kerne besaß eine auffallend dreieckige Form, wie
die Forscher berichten.
Der Grund dafür: Wegen der besonderen Eigenschaften des
Quark-Gluon-Plasmas bleiben in der Form seiner Tröpfchen noch die
geometrischen Merkmale der ursprünglichen Atomkerne erhalten, wie die
Physiker erklären. „Wir sehen starke Korrelationen zwischen der
ursprünglichen Geometrie und den späteren Fließmustern“, erklärt Julia
Velkovska, Vizesprecherin der PHENIX-Kollaboration. Schon vorher hatten
theoretische Modelle dies zwar vorhergesagt, doch erst jetzt ist es
gelungen, dies auch experimentell nachzuweisen.
Die neuen Ergebnisse liefern neue Einblicke in die Urmaterie des
Kosmos und helfen besser zu verstehen, wie unser Universum nur wenige
Sekundenbruchteile nach dem Urknall aussah. (Nature Physics, 2018; doi: 10.1038/s41567-018-0360-0)
Quelle: University of Colorado at Boulder, DOE/Brookhaven National Laboratory
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